Dr. iur. Klaus Rinck, Dr. iur. Rupert Czinczoll
Rz. 63
In allen anderen Fällen hat sich die Berufungsbegründung eingehend mit den Entscheidungsgründen des arbeitsgerichtlichen Urteils auseinander zu setzen. Dies bedeutet:
Rz. 64
Weicht die Rechtsauffassung des Berufungsführers von derjenigen des Arbeitsgerichts ab, ist die vermeintlich richtige Rechtsauffassung in Kontrast zu den Ausführungen des Arbeitsgerichts argumentativ zu begründen.
Rz. 65
Bei Angriffen gegen tatsächliche Feststellungen muss die Berufungsbegründung mindestens erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen angegriffen und welche neuen Tatsachen den angegriffenen Tatsachen entgegengestellt werden. Geht es um die Würdigung einer erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme, ist konkret aufzuzeigen, warum die Würdigung des Arbeitsgerichts falsch ist (siehe auch Rdn 70).
Rz. 66
Geht es in der Berufung um mehrere Streitgegenstände, muss sich die Begründung auf alle beziehen. Ausnahmen werden nur dann anerkannt, wenn die Begründung eines Anspruchs unmittelbar und ausschließlich von der Begründetheit eines anderen abhängt. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch während des laufenden Kündigungsschutzrechtsstreits von nichts anderem abhängt als der Unwirksamkeit der vorhergehenden Kündigung.
Rz. 67
Nennt das Arbeitsgericht für seine Entscheidung mehrere je für sich selbstständig tragende Alternativbegründungen, muss sich die Berufungsbegründung mit jeder dieser Begründungen auseinandersetzen.
Rz. 68
Beispiel
Das Arbeitsgericht führt aus, eine Kündigung sei unwirksam, weil ein ausreichender Kündigungsgrund i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG nicht gegeben sei. Überdies sei die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß i.S.v. § 102 Abs. 1 BetrVG. Greift der Berufungsführer lediglich eine der beiden Begründungen an, ist seine Berufung unzulässig.
Wenn die obigen Anforderungen erfüllt sind, kommt es für die Zulässigkeit der Berufung dagegen nicht darauf an, ob das Berufungsvorbringen in sich schlüssig und rechtlich überzeugend ist oder gar schon auf den ersten Blick neben der Sache liegt.