Dr. iur. Klaus Rinck, Dr. iur. Rupert Czinczoll
I. Nachträgliche Zulassung einer verspäteten Kündigungsschutzklage
Rz. 164
Der Streit der Parteien gemäß § 5 KSchG um die nachträgliche Zulassung einer nach § 4 KSchG verspätet erhobenen Kündigungsschutzklage hat seit der Neufassung des § 4 KSchG, wonach die Drei-Wochen-Frist zur Klageerhebung jetzt für alle Unwirksamkeitsgründe einer Kündigung gilt, noch an Bedeutung gewonnen. Zu begrüßen ist daher, dass der Gesetzgeber auch das Verfahren der nachträglichen Zulassung modernisiert und § 5 KSchG insoweit neu gefasst hat.
Rz. 165
§ 5 Abs. 4 S. 1 KSchG schreibt für den Regelfall vor, dass das Verfahren über den Antrag auf nachträgliche Zulassung mit dem Verfahren über die Klage selbst zu verbinden ist. Über die Fragen, ob die Kündigungsschutzklage verspätet erhoben wurde und ob der Antrag auf nachträgliche Zulassung zulässig und begründet ist, entscheidet das Arbeitsgericht dann zusammen mit allen anderen Problemen der Zulässigkeit und Begründetheit einheitlich durch Endurteil. Dieses kann durch Berufung angefochten werden. In der Berufungsinstanz entscheidet das LAG ebenfalls zugleich mit den übrigen Fallproblemen über die Themen des § 5 Abs. 1 bis 3 KSchG mit, ohne dass sich verfahrensrechtliche Besonderheiten ergeben.
Rz. 166
Nach pflichtgemäßem Ermessen kann das Arbeitsgericht, wenn dies ausnahmsweise verfahrensökonomisch geboten erscheint, das Vorabverfahren über den Antrag auf nachträgliche Zulassung gem. § 5 Abs. 4 S. 2 KSchG per unanfechtbarem Beschluss anordnen. In diesem Fall entscheidet es über die nachträgliche Zulassung durch ein Zwischenurteil i.S.v. § 303 ZPO, das gem. § 5 Abs. 4 S. 3 KSchG wie ein Endurteil mit der Berufung angefochten werden kann. Während des Rechtsmittelverfahrens kann und darf der Kündigungsschutzprozess durch das Arbeitsgericht nicht weiterbetrieben werden. Er wird gem. § 148 ZPO auszusetzen sein. Ob das LAG seinerseits ein gesondertes Vorabverfahren anordnen und über die nachträgliche Klagezulassung auch dann per revisiblem Zwischenurteil entscheiden kann, wenn das Arbeitsgericht zuvor durch Endurteil entschieden hatte, lässt sich dem Gesetz nicht zweifelsfrei entnehmen, dürfte aber zu bejahen sein.
Rz. 167
Unabhängig davon, ob das Arbeitsgericht durch Endurteil oder durch Zwischenurteil entschieden hat, stellt sich für das Berufungsgericht die Frage, ob es gegen seine Entscheidung die Revision zulässt. Die Antwort richtet sich nach den allgemeinen Regeln über die Revisionszulassung. Damit können Fragen von grundsätzlicher Bedeutung rund um das Recht der nachträglichen Klagezulassung und Probleme, die von den verschiedenen Landesarbeitsgerichten gegensätzlich beantwortet werden, einer Entscheidung durch das Revisionsgericht zugeführt werden.
Rz. 168
Hat das Arbeitsgericht über einen Antrag auf nachträgliche Zulassung nicht entschieden oder wird ein solcher Antrag erstmals vor dem LAG gestellt, ordnet § 5 Abs. 5 KSchG an, dass in solchen Fällen das LAG selbst zu entscheiden hat und eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht nicht mehr in Betracht kommt. Auch diese gesetzgeberische Lösung erscheint im Interesse der Straffung des Verfahrens vernünftig. § 5 Abs. 5 S. 2 KSchG eröffnet dem Berufungsgericht hier ausdrücklich die Möglichkeit, gegebenenfalls auch per Zwischenurteil zu entscheiden, falls dies nach der Sachlage ausnahmsweise sinnvoll erscheint.
II. Beschwerde im Beschlussverfahren nach § 103 BetrVG
Rz. 169
Beantragt der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der außerordentlichen Kündigung eines betriebsverfassungsrechtlichen Funktionsträgers i.S.v. § 103 Abs. 2 BetrVG, so kann der erstinstanzlich unterlegene Verfahrensbeteiligte Beschwerde zum LAG einlegen. Dies gilt auch für den gem. § 103 Abs. 2 S. 2 BetrVG zwingend am Verfahren zu beteiligenden betroffenen Arbeitnehmer, und zwar unabhängig davon, ob auch der Betriebsrat Beschwerde einlegt. Für das Verfahren vor dem LAG gelten die §§ 87–91 ArbGG.
Rz. 170
Steht aufgrund der Beschwerdeentscheidung rechtskräftig fest, dass die Zustimmung des Betriebsrats nicht zu ersetzen ist, so scheidet eine auf die vorgebrachten Gründe gestützte Kündigung endgültig aus.
Rz. 171
Wird andererseits die Zustimmung rechtskräftig ersetzt, kann der Arbeitnehmer gegen die jetzt auszusprechende außerordentliche Kündigung noch nach §§ 13 Abs. 1 S. 2, 4 KSchG Kündigungsschutzklage erheben. Hinsichtlich der Feststellung, ob ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung vorliegt, entfaltet das Ergebnis des Zustimmungsersetzungsverfahrens allerdings präjudizielle Wirkung. Insoweit ist der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren darauf beschränkt, sich auf Tatsachen und etwaige formelle Mängel zu berufen, die er als ...