a) Grundsatz
Rz. 122
Ein Grundurteil darf nur erlassen werden, wenn – auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwendungen – die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der geltend gemachte Anspruch zumindest in irgendeiner Höhe besteht, siehe auch die vorstehenden Ausführungen zu den einzelnen zum Anspruchsgrund gehörenden Tatsachen (Rdn 84 ff.). Solange hingegen die ernst zu nehmende Möglichkeit bleibt, dass sich die Anspruchshöhe auf null beläuft, kann ein Grundurteil nicht ergehen.
Rz. 123
Soweit der geltend gemachte Anspruch unschlüssig ist, kommt daher ein Grundurteil nicht in Betracht: Ein Zwischenurteil über den Grund kann nur dahin lauten, dass der geltend gemachte Anspruch (ganz oder teilweise) dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Ist ein Anspruch (ganz oder teilweise) dem Grunde nach nicht gerechtfertigt, dann ist die Klage (ganz oder teilweise) zur Endentscheidung, nämlich zur Abweisung, reif. Für ein Zwischenurteil ist kein Raum. Das gilt auch dann, wenn zu den bislang unschlüssigen Positionen noch Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gegeben wird. Eine im ersten Rechtszug fehlerhaft unterbliebene Teilabweisung kann im Rechtsmittelverfahren nachgeholt werden.
Rz. 124
Dass nur ein gewisser, abgrenzbarer Teil einer einheitlichen Klageforderung nicht schlüssig dargelegt wird, hindert ein uneingeschränktes Grundurteil dagegen nicht. Dies begründet lediglich die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht, die Klage insoweit durch Teilurteil abzuweisen.
Rz. 125
Wenn mehrere Teilbeträge einer Forderung zugunsten verschiedener Personen in bestimmter Rangfolge eingeklagt werden, kann ein Grundurteil schon dann ergehen, wenn eine Forderung in Höhe der insgesamt geltend gemachten Beträge wahrscheinlich ist. Dass die Klageforderung in einer den zunächst zu befriedigenden Teilbetrag übersteigenden Höhe gerechtfertigt ist, muss dagegen nicht feststehen.
b) Teilklage und negative Feststellungsklage
Rz. 126
Auch bei einer Teilklage ist eine Vorabentscheidung über den Grund möglich, weil der Streitgegenstand quantitativ umgrenzt ist. Setzt sich der Gesamtanspruch aus mehreren selbstständigen Forderungen zusammen, die in einer bestimmten Reihenfolge der Teilklage zugrunde gelegt werden, und sind einzelne Forderungen schlechthin – auch dem Grunde nach – unbegründet, so kann – anders als im Falle der Klagehäufung – gleichwohl ein Grundurteil ergehen, sofern zu erwarten ist, dass dem Kläger jedenfalls auf die anderen Forderungen im Nachverfahren ein Betrag zuzusprechen sein wird.
Rz. 127
Wenn der Beklagte gegenüber einer Teilklage hinsichtlich des Restes des Anspruchs eine – zulässige – negative Feststellungswiderklage erhoben hat (siehe dazu § 26 Rdn 167 ff.), kann ein Grundurteil über die Klage im Hinblick auf die sonst bestehende Gefahr widersprechender Entscheidungen nur zugleich mit einem Endurteil über die Widerklage ergehen. Die negative Feststellungswiderklage kann jedoch nicht schon aufgrund des zusprechenden Grundurteils abgewiesen werden, da dieses lediglich die hohe Wahrscheinlichkeit eines Anspruchs der Höhe nach voraussetzt, dessen Ablehnung im Betragsverfahren aber nicht ausschließt.
c) Mehrere selbstständige prozessuale Ansprüche
Rz. 128
Bei einem Klagebegehren, das sich aus mehreren – wenn auch in einem einzigen Leistungsantrag zusammengefassten – selbstständigen (Teil-)Ansprüchen zusammensetzt, kann ein einheitliches Grundurteil nur dann ergehen, wenn feststeht, dass jeder Teilanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist; deswegen muss für alle geltend gemachten Ansprüche feststehen, dass im Betragsverfahren voraussichtlich etwas übrig bleibt, das dem Kläger zugesprochen wird. Das gilt jedenfalls dann uneingeschränkt und ohne dass prozessökonomische Erwägungen zu einem anderen Ergebnis führen können, wenn es sich nicht nur um die Frage handelt, ob die Ursächlichkeit des schadensstiftenden Ereignisses hinsichtlich aller einzelner Schadensposten zu bejahen ist, sondern wenn das Gericht sogar den Haftungsgrund insgesamt für jede einzelne Teilforderung in seinem Grundurteil nicht bejahen kann.
Rz. 129
Sind nur einzelne der selbstständigen prozessualen Ansprüche begründet, kann das Grundurteil nur zu diesen Klageansprüchen ergehen; im Übrigen ...