Rz. 77
Zum Grund des Anspruchs zählt zunächst die Zulässigkeit der Klage, siehe zu den sich hieraus ergebenden Voraussetzungen §§ 25 und 26.
Rz. 78
Ferner müssen grundsätzlich alle anspruchsbegründenden Tatsachen festgestellt sein, mit Ausnahme derer, denen ausschließlich Bedeutung für die Anspruchshöhe zukommt.
Rz. 79
Die Frage, welche Umstände zu den anspruchsbegründenden Tatsachen zählen, ist nach der Rechtsnatur des jeweils eingeklagten Anspruchs zu beurteilen. Im Haftpflichtprozess zählen hierzu – grundsätzlich – insbesondere die Aktiv- und Passivlegitimation, die Kausalität, ein erforderliches Verschulden, ein eingewandtes Mitverschulden sowie die Einrede der Verjährung. Näheres siehe unten Rdn 84 ff.
In einem Anwaltshaftungsprozess, in dem dem Anwalt vorgeworfen wird, seine Vertragspflichten bei der Durchsetzung eines Anspruchs – sei es in einem Prozess oder außergerichtlich – verletzt zu haben, gehört die Frage, ob jener Anspruch überhaupt bestand, zu dem, was für den Erlass eines Grundurteils feststehen muss.
aa) Mehrere Anspruchsgrundlagen
Rz. 80
Wird ein prozessualer Anspruch – kumulativ oder alternativ – auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt, so muss ein den ganzen Rechtsstreit betreffendes Grundurteil regelmäßig sämtliche Klagegründe erschöpfend abhandeln. Ein uneingeschränktes Grundurteil kann bei mehreren Anspruchsgrundlagen grundsätzlich nur ergehen, wenn alle denkbare Anspruchsgrundlagen den geltend gemachten Zahlungsbetrag voll rechtfertigen können und inhaltlich dieselben (und alle) Schadenspositionen betreffen.
Rz. 81
Etwas anderes gilt lediglich, wenn feststeht, dass der festgestellte Klagegrund für die Höhe des gesamten eingeklagten Betrages ausreicht und der andere Klagegrund daneben ohne eigene Bedeutung bleibt.
Rz. 82
Begründet dagegen eine von mehreren Anspruchsgrundlagen einen weitergehenden Anspruch, so muss diese im Grundurteil geprüft werden. Dies kommt im Unfallhaftpflichtrecht insbesondere im Hinblick auf die bei einer bloßen Gefährdungshaftung bestehenden Haftungshöchstbeträge in Betracht (beispielsweise §§ 12, 12a StVG), wenn deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB) eine weitergehende Haftung tragen. Sind die Voraussetzungen der weitergehenden Ansprüche nicht erfüllt, so dürfen diese nicht dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben, sondern müssen im Grundurteil – zumindest in den Entscheidungsgründen – abgewiesen werden, was bei Unterbleiben im ersten Rechtszug im Rechtsmittelverfahren nachgeholt werden kann. Im Umfang der Abweisung handelt es sich nicht um ein Zwischenurteil über den Grund, sondern ein (Teil-)Endurteil (§ 301 ZPO). Die Urteilsformel in der Hauptsache kann dabei wie folgt lauten: "Der Klageanspruch wird im Rahmen der derzeit gültigen Haftungsgrenzen des Straßenverkehrsgesetzes dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt; bezüglich der darüber hinausgehenden Ansprüche des Klägers wird die Klage abgewiesen."
Rz. 83
Ein Grundurteil darf bei einem auf mehrere Anspruchsgrundlagen – auch hilfsweise – gestützten Begehren keine alternative Zuerkennung dergestalt vornehmen, dass entweder der eine oder der andere dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Denn dadurch bleibt der Umfang einer möglichen Bindungswirkung des Grundurteils im Unklaren.
bb) Aktivlegitimation
Rz. 84
Im Rahmen der Aktivlegitimation ist vor Erlass eines Grundurteils insbesondere zu prüfen, ob ein gesetzlicher Forderungsübergang auf einen Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe (§ 116 SGB X, siehe unten § 36 Rdn 1 ff.) stattgefunden hat. Der Einwand mangelnder Aktivlegitimation muss grundsätzlich von Amts wegen berücksichtigt werden. Sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte für Leistungen eines Sozialversicherungsträgers gegeben, so braucht mangels Vorbringens der Parteien das Gericht nich...