1. Ermessen und Umfang
Rz. 133
Der Erlass eines Grundurteils steht – bei Vorliegen der vorstehenden prozessualen Voraussetzungen – grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (§ 304 Abs. 1 ZPO: "kann"). Ggf. ist eine Zwischenfeststellungsklage als ein auf ein Grundurteil gerichtetes Begehren auszulegen, siehe oben § 26 Rdn 203.
Rz. 134
Durch Grundurteil kann auch nur über einen Teil der geltend gemachten Ansprüche im Wege eines Teilgrundurteils entschieden werden (siehe oben Rdn 130).
Rz. 135
Hat der Beklagte Widerklage erhoben und entscheidet das Gericht nur über die Klage durch Grundurteil, so handelt es sich – wegen der weiteren Anhängigkeit einer Widerklage – ebenfalls lediglich um ein Teilgrundurteil, für das sowohl die Voraussetzungen eines Grund- wie auch eines Teilurteils gegeben sein müssen. Das Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil kann auch dann entgegenstehen, wenn Klage und Widerklage unterschiedliche Streitgegenstände betreffen (siehe hierzu oben Rdn 33).
Rz. 136
Soll über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, durch Teilurteil entschieden werden, so ist dies nur zulässig, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht (§ 301 Abs. 1 S. 2 ZPO), siehe oben Rdn 10 ff. Ein Gericht darf vom Erlass eines solchen Teilurteils nicht deshalb absehen, weil dadurch eine Revisionsfähigkeit des zu erlassenden Grund- und Teilurteils herbeigeführt werden würde.
Rz. 137
Entscheidet ein Gericht, wenn der Kläger mit einer Leistungsklage auf bezifferten Schadensersatz zugleich den – einem Grundurteil nicht zugänglichen (siehe oben Rdn 62) – Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz eines weitergehenden Schadens verbunden hat, nicht zugleich mit dem Grundurteil über den bezifferten Schaden durch (Teil-)Endurteil über den Feststellungsantrag, handelt es sich insofern nicht um ein reines Grundurteil, sondern um ein Grund- und Teilurteil, welches als Teilurteil dann unzulässig ist, wenn – wie regelmäßig – mit ihm die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen verbunden ist.
2. Grundurteil in der Rechtsmittelinstanz
Rz. 138
Ein Grundurteil kann auch in der Berufungsinstanz ergehen, und zwar selbst dann, wenn das erstinstanzliche Gericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben hat und mit der Berufung sowohl die Entscheidung über den Grund als auch diejenige über die Höhe des Anspruchs zur Nachprüfung gestellt wird.
Zur Kostengrundentscheidung siehe unten Rdn 160.
Rz. 139
Da durch das Grundurteil als Zwischenurteil der geltend gemachte Anspruch aber weder ganz noch zum Teil aberkannt oder zuerkannt wird, darf in der Berufungsinstanz ein Grundurteil nicht in der Weise ergehen, dass die Berufung teilweise, das heißt, soweit sie sich gegen den Grund des Anspruchs richtet, zurückgewiesen wird. Das Berufungsgericht hat sich vielmehr auf den Ausspruch zu beschränken, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt sei.
3. Urteilsformel
Rz. 140
Die Urteilsformel lautet bei voller Stattgabe gewöhnlich: "Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt." Zu eventuellen Vorbehalten für das Betragsverfahren siehe oben Rdn 118 ff.
Rz. 141
Bei teilweiser Stattgabe kann die Urteilsformel – beispielsweise – wie folgt lauten: "Die Klage ist dem Grunde nach zu" ⅔ gerechtfertigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
Rz. 142
Eine Kostengrundentscheidung enthält das Grundurteil nicht, diese bleibt dem Endurteil vorbehalten, da das Obsiegen und Unterliegen noch nicht feststeht.
Rz. 143
Auch eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt nicht, da es sich – jedenfalls hinsichtlich der Vollstreckbarkeit – nicht um ein Endurteil handelt (§§ 704 Abs. 1, 304 Abs. 2 ZPO).
4. Versäumnisurteil
Rz. 144
Ein Versäumnisurteil (§§ 330 ff. ZPO) als Grundurteil ist unzulässig. Wird ein bestimmter Leistungsantrag gestellt, so kann das Versäumnisurteil nur auf diese Leistung lauten. Ist ein Feststellungsantrag gestellt, so kommt ein Grundurteil regelmäßig (siehe oben Rdn 62) ohnehin nicht infrage. Ist die Höhe des Schadens in das Ermessen des Gerichts gestellt, so muss das Gericht schon in dem Versäumnisurteil eine bestimmte Summe zusprechen.