Rz. 145
Obwohl das Grundurteil ein Zwischenurteil ist (siehe oben Rdn 53), ist es – kraft gesetzlicher Anordnung (§ 304 Abs. 2 Hs. 1 ZPO) – betreffs der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen, was seine Überprüfung durch Berufung und Revision ermöglicht (§§ 511 Abs. 1, 542 Abs. 1 ZPO).
1. Beschwer
Rz. 146
Eine Partei ist durch ein Grundurteil beschwert, soweit dieses für sie negative Bindungswirkung (siehe unten Rdn 163 ff.) hat, was im Wege der Auslegung der Urteilsformel unter Heranziehung der Entscheidungsgründe zu ermitteln ist. Wenn z.B. schon im Grundurteil die Unfallbedingtheit eines bestimmten Leidens des geschädigten Klägers festgestellt wird, so ist auch dagegen bereits eine Berufung des beklagten Schädigers nötig.
Rz. 147
Bei einem Zwischenurteil über den Grund kann daher auch die (formelle) Beschwer des Klägers (siehe dazu § 28 Rdn 17) nicht, wie im Regelfall, alleine danach bestimmt werden, ob und in welchem Umfang der Tenor der angefochtenen Entscheidung von dem in der Instanz zuletzt gestellten Antrag abweicht. Ein Grundurteil kann den Geschädigten als Kläger vielmehr sogar dann beschweren, wenn der Urteilstenor das Klagebegehren dem Grunde nach in vollem Umfang für gerechtfertigt erklärt, in den Entscheidungsgründen aber zu seinen Lasten bindend festgestellt wird, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände abschließend im Grundverfahren geklärt sind, das Urteil also insoweit eine für die Partei negative Bindungswirkung aufweist.
Rz. 148
Auch bei einem Grundurteil erwächst die Entscheidung, dass eine hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nicht besteht, in Rechtskraft (§ 322 Abs. 2 ZPO) und erhöht daher die Beschwer der beklagten Partei. Keine Erhöhung der Beschwer findet dagegen statt, wenn ein Abrechnungsverhältnis vorliegt, in das die gegenseitigen Forderungen lediglich als Rechnungsposten eingestellt werden. Ebenso wenig erhöht sich die Beschwer des Beklagten durch das Grundurteil, wenn die von ihm zur Aufrechnung gestellten Forderungen nur bei der im Rahmen der für die Zulässigkeit eines Grundurteils gebotenen Prognose (siehe oben Rdn 113) dahin berücksichtigt werden, dass dem Kläger im Ergebnis dennoch etwas zuzusprechen sein wird.
Rz. 149
Bei einem Teilgrundurteil bemisst sich die Beschwer allein nach dem durch das Teilurteil beschiedenen Teil des Streitgegenstandes. Dass der Erlass eines Teilurteils unzulässig war (§ 301 ZPO; siehe oben Rdn 7 ff.), erhöht den Wert der Beschwer eines Teilgrundurteils in der Regel nicht. Bei willkürlicher Trennung eines Rechtsstreits in mehrere Verfahren, deren Streitwert jeweils unter der Rechtsmittelsumme liegt, kann ausnahmsweise etwas anderes gelten.
2. Entscheidungsmöglichkeiten des Rechtsmittelgerichts
Rz. 150
Für das Betragsverfahren (siehe oben Rdn 161 ff.) kann bei Aufhebung einer auf den fehlenden Anspruchsgrund gestützten klageabweisenden Entscheidung und Erlass eines Grundurteils durch das Berufungsgericht der Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen werden, sofern eine Partei dies beantragt und der Streit über den Betrag des Anspruchs noch nicht entscheidungsreif ist (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO). Dadurch soll den Parteien eine zweite Tatsacheninstanz auch zur Höhe des Anspruchs erhalten werden. Bei einer Klagehäufung sind die Voraussetzungen für jeden Anspruch gesondert festzustellen. Stets muss eine Zurückverweisung erkennen lassen, dass das Berufungsgericht das ihm eingeräumte Ermessen ausgeübt und den dabei maßgeblichen Gesichtspunkt der Prozessökonomie hinreichend in Betracht gezogen hat. Da bei einer klageabweisenden Entscheidung der ersten Instanz Gegenstand des Berufungsverfahrens nicht nur der Grund des Anspruchs, sondern auch dessen Betrag ist, kann das Berufungsgericht auch das Betragsverfahren durchführen.
Rz. 151
Sofern der Streit über den Betrag des Anspruchs entscheidungsreif ist, muss es dies tun (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO). Entscheidungsreife – zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts über den Grund – kommt allerdings angesichts dessen, dass regelmäßig lediglich eine auf den Grund des Anspruchs beschränkte Verhandlung stattgefunden hat, nur ausnahmsweise in Betracht, beispielsweise wenn die Höhe des Anspru...