Dr. iur. Artur-Konrad Wypych, Sven Hempe
Rz. 1
Durch das Rentenreformgesetz aus dem Jahr 1992 wurde die Teilrente als Sonderform der Rente wegen Alters in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt. Ziel des sog. "Flexi-Gesetzes" war es, Arbeitnehmern durch die Teilrente einen flexibleren und gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ermöglichen. Dem in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Arbeitnehmer wird dadurch die Möglichkeit eröffnet, neben einer verdienstmäßig begrenzten Erwerbstätigkeit eine entsprechend verminderte Altersrente beziehen und damit das verminderte Arbeitseinkommen ausgleichen zu können.
Rz. 2
§ 42 Abs. 1 SGB VI regelt, dass der Rentenberechtigte die Rente wegen Alters in voller Höhe oder als Teilrente in Anspruch nehmen kann. Dadurch ist es dem Versicherten möglich, einen Teil der ihm zustehenden Altersrente zu beziehen und gleichzeitig weiterhin, innerhalb bestimmter Grenzen, weiterzuarbeiten. Hierdurch kann die Erwerbsphase hierbei verlängert und gleichzeitig weitere Rentenansprüche gesammelt werden.
Der Versicherte hat ein freies Wahlrecht, solange er nicht die Hinzuverdienstgrenzen aus § 34 Abs. 2 SGB IV überschreitet.
Rz. 3
Die Hinzuverdienstgrenze ist in § 34 Abs. 2 SGB IV geregelt. Der Versicherte hat auf eine Rente wegen Alters als Vollrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze (Vollendung des 67. Lebensjahres, § 35 SGB VI) nur dann einen Anspruch, wenn die Hinzuverdienstgrenze von kalenderjährlich insgesamt 6.300 EUR (urspr. 12 x 450 EUR + 900 EUR) nicht überschritten wird. Bei Überschreiten besteht nur ein Anspruch auf Teilrente.
Die Teilrente wird berechnet, indem ein Zwölftel des die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Betrags zu 40 % von der Vollrente abgezogen wird. Überschreitet der sich dabei ergebende Rentenbetrag zusammen mit einem Zwölftel des kalenderjährlichen Hinzuverdienstes den Hinzuverdienstdeckel, wird der überschreitende Betrag von dem sich ergebenden Restbetrag abgezogen.
Rz. 4
Während der Corona-Pandemie wurden in dem Zusammenhang Sonderregelungen eingeführt, wonach die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze 46.060 EUR brutto betrug.
Rz. 5
Von der Hinzuverdienstgrenze ist der sog. Hinzuverdienstdeckel, welcher die Höchstgrenze des Hinzuverdienstes regelt, zu unterscheiden.
Der Hinzuverdienstdeckel wird berechnet, indem die monatliche Bezugsgröße mit den Entgeltpunkten des Kalenderjahres mit den höchsten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Kalenderjahren vor Beginn der ersten Rente wegen Alters vervielfältigt wird. Er beträgt mindestens die Summe aus einem Zwölftel von 6.300 EUR und dem Monatsbetrag der Vollrente. Der Hinzuverdienst zusammen mit der (Teil-)Rente darf kein höheres Einkommen erzielen, als der Versicherte vor dem Rentenbeginn hatte.
Rz. 6
Rechenbeispiel
A bezieht eine Altersrente i.H.v. 1.000 EUR.
Er verdient monatlich 2.000 EUR hinzu.
Sein Hinzuverdienstdeckel beträgt 30.000 EUR.
Der kalenderjährliche Hinzuverdienst von 24.000 EUR (12 x 2.000 EUR) übersteigt die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 EUR um 17.700 EUR.
17.700 EUR: 12 Monate = 1.475 EUR monatlich
1.475 EUR x 40 % = 590 EUR monatlicher Anrechnungsbetrag
1.000 EUR Vollrente – 590 EUR = 410 EUR monatliche Teilrente
Prüfung des Hinzuverdienstdeckels: 30.000 EUR: 12 Monate = 2.500 Euro
2.000 EUR Hinzuverdienst + 410 EUR monatliche Teilrente = 2.410 Euro
Ergebnis: Der Hinzuverdienstdeckel (monatlich) von 2.500 EUR wird nicht überschritten, die monatliche Teilrente zusammen mit dem kalenderjährlichen Hinzuverdienst von insgesamt 2.410 EUR wird nicht weiter vermindert.
Rz. 7
Der Hinzuverdienstdeckel bei Bezug einer gesetzlichen Teilrente ist ein individuell zu berechnender und vom jeweiligen, individuellen Arbeitsentgelt vor Rentenbeginn abhängiger Betrag. Während des Teilrentenbezuges unterliegen die Rentenbezieher in einer daneben ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit grds. der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die während eines Teilrentenbezuges zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten werden bei einer späteren Vollrente oder bei einer Hinterbliebenenrente zusätzlich berücksichtigt und führen zu einer Erhöhung des Rentenanspruches. Wird die Regelaltersrente als Teilrente bezogen, erhält der Rentner für die während des Teilrentenbezuges erworbenen Entgeltpunkte zusätzlich eine Erhöhung des Zugangsfaktors und damit einen Rentenzuschlag (§ 77 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 SGB VI).
Rz. 8
Im Gegensatz zum AltTZG sieht die rentenrechtliche Teilrentenlösung keinerlei Subventionierung für die Schaffung von Altersteilzeitarbeitsplätzen vor, sondern überlässt deren Einführung der Verhandlung der Arbeitsvertragsparteien.
Rz. 9
Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Umwandlung seines bisherigen, auf eine Vollzeitbeschäftigung ausgerichteten Arbeitsverhältnisses in ein dem Umfang der Teilrente entsprechendes Teilzeitarbeitsverhältnis. Vielmehr besteht nach § 42 Abs. 3 SGB VI lediglich ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Erörterung von Reduzierungsmöglichkeiten. Diese Erörterungs...