a) Überblick
Rz. 224
Der Verfahrenswert eines Scheidungsverbundverfahrens bemisst sich nach der Summe der Werte von Ehe- und Folgesachen (§ 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG). Die Werte von Ehe- und Folgesachen sind zunächst gesondert zu bewerten und dann zusammenzurechnen. Für die Ehesache und die einzelnen Folgesachen gelten dabei die Wertvorschriften, die für die isolierten Verfahren gelten (siehe Rdn 36 ff.). Lediglich für die Kindschaftssachen ist im Verbundverfahren ein von den isolierten Verfahren abweichender Wert vorgesehen (siehe Rdn 250 f.).
b) Ehesache
Rz. 225
Der Wert der Ehesache richtet sich nach § 43 FamGKG (siehe Rdn 64). Werden wechselseitige Scheidungsanträge gestellt, handelt es sich um denselben Gegenstand i.S.d. § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG, sodass nicht addiert wird.
Rz. 226
Wird allerdings einerseits die Scheidung beantragt, im Wege des Widerantrags die Aufhebung der Ehe oder umgekehrt, ist zu addieren (§ 38 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Gleiches gilt, wenn primär die Aufhebung und hilfsweise die Scheidung beantragt wird (§ 38 Abs. 1 S. 2 FamGKG).
c) Versorgungsausgleich
aa) Überblick
Rz. 227
Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich (§§ 217 ff. FamFG) ist in § 50 FamGKG geregelt. Diese Regelung gilt auch für den Scheidungsverbund.
Rz. 228
Für jedes Anrecht ist ein Betrag in Höhe von 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen, wenn es um Wertausgleich bei der Scheidung geht. Eine Höchstgrenze ist nicht vorgesehen.
Rz. 229
Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (§§ 20–26 VersAusglG) sind zwar nicht von Amts wegen Gegenstand des Verbundverfahrens. Sie sind aber auf Antrag verbundfähig, wenn ausnahmsweise zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG vorliegen. Für diesen Fall ist für jedes schuldrechtliche Anrecht ein Betrag in Höhe von 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen.
Beispiel 67: Versorgungsausgleich, mehrere Anrechte
Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt 2.000,00 EUR, das der Ehefrau 1.000,00 EUR. Vermögen und Kinder sind nicht vorhanden. Beide Ehegatten haben jeweils ein gesetzliches Anrecht; der Ehemann darüber hinaus noch eine betriebliche Altersversorgung.
Verfahrensgegenstand sind drei Anrechte, sodass für jedes Anrecht 10 % des dreifachen Nettoeinkommens der Eheleute anzusetzen ist. Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich beläuft sich somit auf 3 x 10 % x 3 x (2.000,00 EUR + 1.000,00 EUR) = 2.700,00 EUR. Der Verfahrenswert des Verbundverfahrens beträgt damit 11.700,00 EUR.
bb) Zeitpunkt
Rz. 230
Abzustellen ist gem. § 34 S. 1 FamGKG auf den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrags. Insoweit gilt das Gleiche wie für die Ermittlung des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens zur Bewertung der Ehesache (siehe Rdn 68).
Beispiel 68: Versorgungsausgleich, Zeitpunkt der Bewertung
Bei Einleitung des Scheidungsverfahrens hatten die Eheleute ein gemeinsames Nettoeinkommen in Höhe von 4.000,00 EUR. Beide Eheleute hatten jeweils nur ein gesetzliches Anrecht. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist das gemeinsame Nettoeinkommen der Eheleute
a) auf 2.500,00 EUR abgesunken
b) auf 5.000,00 EUR gestiegen.
Maßgebend bleibt in beiden Fällen das Nettoeinkommen bei Einreichung des Scheidungsantrags (§ 34 S. 1 FamGKG). Die nachträglichen Veränderungen sind in beiden Fällen unerheblich. Zwar bedarf es für den Versorgungsausgleich, soweit der Wertausgleich bei der Scheidung betroffen ist, keines gesonderten Antrags (§ 137 Abs. 2 S. 2 FamFG); dadurch handelt es sich jedoch nicht um ein Verfahren von Amts wegen, sondern um ein Verfahren, das nur auf den Scheidungsantrag von Amts wegen eingeleitet wird, sodass es nach § 34 S. 1 FamGKG auch hier auf den Zeitpunkt der Antragstellung (nämlich des Scheidungsantrags) ankommt. Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich beträgt somit 2 x 10 % x 12.000,00 EUR = 2.400,00 EUR.
cc) Kinderfreibeträge
Rz. 231
Kinderfreibeträge sind vom Nettoeinkommen nicht abzuziehen, selbst wenn man einen Abzug bei der Ehesache befürwortet.
Beispiel 69: Versorgungsausgleich, mehrere Anrechte
Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt 2.000,00 EUR, das der Ehefrau 1.000,00 EUR. Aus der Ehe sind zwei gemeinschaftliche Kinder hervorgegangen. Beide Ehegatten haben jeweils ein gesetzliches Anrecht.
Unabhängig davon, ob man die Auffassung vertritt, beim Nettoeinkommen zur Berechnung des Werts der Ehesache seien Kinderfreibeträge abzuziehen (siehe § 9 Rdn 9 ff.), ist dies beim Versorgungsausgleich nicht zulässig, sodass für die Folgesache Versorgungsausgleich ein Wert in Höhe von 2 x 10 % x 3 x (2.000,00 EUR + 1.000,00 EUR) = 1.800,00 EUR festzusetzen ist.