1. Überblick
Rz. 6
Für die außergerichtliche Vertretung erhält der Anwalt in Familiensachen ebenfalls die Vergütung nach Nr. 2300 VV, also eine Geschäftsgebühr (0,5 bis 2,5). Auch insoweit ergeben sich bei den Gebühren keine Besonderheiten, sodass auf die Darstellung zu § 8 verwiesen werden kann.
Rz. 7
Die sog. Schwellengebühr nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV kommt zwar auch in Betracht, wird in Familiensachen aber eher die Ausnahme sein, da die Tätigkeiten des Anwalts hier in aller Regel umfangreich oder schwierig sind.
2. Ermittlung des Gegenstandswerts
Rz. 8
Problematisch kann hier die Ermittlung des Gegenstandswerts sein, wenn nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG auf den Wert eines entsprechenden gerichtlichen Verfahrens abzustellen ist, aber verschiedene gerichtliche Verfahren in Betracht kommen, also wenn der Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit sowohl Gegenstand eines isolierten Verfahrens als auch einer Verbundfolgesache oder sogar einer einstweiligen Anordnung sein kann.
Beispiel 1: Außergerichtliche Umgangsrechtsregelung
Die Mandantin ist dringend auf eine kurzfristige einstweilige Umgangsregelung angewiesen. Sie beauftragt den Anwalt, zunächst außergerichtlich vorzugehen.
Denkbare Hauptsache i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 3 RVG kann zum einen ein isoliertes Umgangsrechtsverfahren sein. Der Gegenstandswert richtet sich dann nach § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FamGKG (siehe Rdn 127 f.). Es gilt ein Regelwert von 4.000,00 EUR.
Das anzustrengende gerichtliche Umgangsrechtsverfahren kann aber auch Teil des Verbunds als Folgesache sein. Dann gilt nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG ein Regelwert in Höhe von 20 % des Werts der Ehesache, höchstens 4.000,00 EUR (siehe Rdn 196 ff.).
Da die Mandantin an einer dringlichen vorläufigen Regelung interessiert ist, kommt auch eine einstweilige Anordnung als gerichtliches Verfahren in Betracht. Es gilt dann nach §§ 41, 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FamGKG gegebenenfalls ein geringerer Wert (siehe Rdn 296 f.).
Rz. 9
Die Annahme des im Verbundverfahren geltenden Werts scheidet aus, weil § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG nur für den Verbund gilt und es außergerichtlich keinen Verbund gibt. Im Übrigen kommt es auf den Auftrag an. Soll der Anwalt eine endgültige Umgangsregelung durchsetzen, so ist vom vollen Wert des § 45 FamGKG auszugehen. Soll der Anwalt dagegen nur eine vorläufige Umgangsregelung erreichen, dann würde der Wert des Verfahrens einer einstweiligen Anordnung gelten, also der gegebenenfalls ermäßigte Hauptsachewert (§ 41 FamGKG) (siehe Rdn 287 ff.). In diesem Fall würde der Anwalt die Geschäftsgebühr allerdings erneut erhalten, wenn er dann auch hinsichtlich der endgültigen Regelung beauftragt wird (siehe Beispiel 2).
3. Vorläufige und endgültige Regelung
Rz. 10
Zu beachten ist, dass außergerichtlich mehrere Angelegenheiten gegeben sein können, wenn der Anwalt sowohl hinsichtlich einer vorläufigen Regelung beauftragt wird, als auch hinsichtlich einer endgültigen Regelung.
Beispiel 2: Vorläufige und endgültige Regelung, Umgangsrecht
Der Kindesvater beauftragt den Anwalt, eine dauerhafte und endgültige Regelung zum Umgang mit den beiden gemeinsamen Kindern herbeizuführen. Daneben soll der Anwalt bis zur endgültigen Vereinbarung eine Regelung zu vorläufigen Besuchskontakten herbeiführen, damit bis zur endgültigen Regelung eine Entfremdung der Kinder vermieden wird.
Der Anwalt erhält zwei Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 VV.
Eine Geschäftsgebühr erhält er für die Tätigkeit, gerichtet auf das endgültige Umgangsrecht (Wert: 4.000,00 EUR – § 45 Abs. 1 FamGKG) und eine weitere Geschäftsgebühr für die Tätigkeit gerichtet auf die vorläufigen Besuchskontakte (Wert: 2.000,00 EUR – §§ 45 Abs. 1, 41 FamGKG).
I. |
Außergerichtliche Vertretung hinsichtlich der vorläufigen Regelung |
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
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249,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
269,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
51,11 EUR |
Gesamt |
|
320,11 EUR |
II. |
Außergerichtliche Vertretung hinsichtlich der endgültigen Regelung |
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
417,00 EUR |
|
(Wert: 4.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
437,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
83,03 EUR |
Gesamt |
|
520,03 EUR |
Rz. 11
Beispiel 3: Vorläufige und endgültige Regelung, Unterhalt
Die Ehefrau beauftragt den Anwalt im Januar, ihren Ehemann zur sofortigen vorläufigen Unterhaltszahlung (monatlich 400,00 EUR) ab Februar zu veranlassen, da sie hierauf angewiesen ist. Gleichzeitig beauftragt sie ihn, auch den endgültigen Unterhalt ab Februar zu berechnen und geltend zu machen, den der Anwalt nach Auskunftserteilung später mit monatlich 600,00 EUR beziffert.
Der Anwalt erhält zunächst eine Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) für die Tätigkeit gerichtet auf die vorläufigen Unterhaltszahlungen. Der Wert bestimmt sich nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. §§ 35, 51, 41 FamGKG und richtet sich nach dem geforderten vorläufigen Unterhalt von 400,00 EUR monatlich (12 x 400,00 EUR : 2 = 2.400,00 EUR).
Für die weitere Tätigkeit, gerichtet auf den laufenden endgültigen Unt...