1. Überblick
Rz. 196
Die Vergütung in Verbundverfahren richtet sich nach Teil 3 VV. Es gelten die Gebühren der Nrn. 3100 ff. VV.
Rz. 197
Zu beachten ist, dass die Ehesache und die Folgesachen gem. § 16 Nr. 4 RVG nur eine Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG bilden, sodass der Anwalt die Gebühren nur einmal erhält, allerdings aus den nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG zusammengerechneten Verfahrenswerten.
Rz. 198
Auch die Auslagen entstehen nur einmal; insbesondere entsteht nur eine Postentgeltpauschale.
2. Verfahrensgebühr
a) Volle Verfahrensgebühr
Rz. 199
Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) erhält der Anwalt zunächst einmal die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, die sich grundsätzlich auf 1,3 beläuft.
Rz. 200
Der Verfahrenswert dieser Gebühr bemisst sich nach dem Wert der Ehesache sowie sämtlicher im Verlauf des Verfahrens anhängig gewordener und mit verglichener oder mit erörterter Folgesachen (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG).
Rz. 201
Hinsichtlich der Ehesache entsteht für den Antragsteller die volle Gebühr mit Einreichung des Scheidungsantrags. Da hier ein Gegenantrag nicht erforderlich ist und in der Regel nicht gestellt wird, genügt für den Anwalt des Antragsgegners die Zustimmung zum Scheidungsantrag, um die volle Gebühr auszulösen. Ebenso reicht es aus, wenn der Rechtsanwalt des Antragsgegners einen Schriftsatz mit Sachvortrag einreicht.
Rz. 202
In Amtsverfahren, wie z.B. dem Verfahren über den Versorgungsausgleich, sind Anträge nicht erforderlich. Werden sie gestellt, handelt es sich der Sache nach um "Anregungen". Dennoch lösen sie die volle Verfahrensgebühr aus, zumal schon ein Schriftsatz mit Sachvortag ausreicht (arg. e Nr. 3101 Nr. 1 VV). Spätestens wird die volle Verfahrensgebühr hier durch die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin ausgelöst.
b) Ermäßigte Verfahrensgebühr
Rz. 203
Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich auf 0,8 bei
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vorzeitiger Beendigung des Auftrags, bevor der Rechtsanwalt den das Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme des Antrags enthält, eingereicht oder bevor er einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat (Nr. 3101 Nr. 1 VV), |
▪ |
Protokollierung einer Einigung der Beteiligten (Nr. 3101 Nr. 2, 1. Alt. VV) oder |
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Verhandeln bzw. Erörtern nicht anhängiger Gegenstände (Nr. 3101 Nr. 2, 2. Alt. VV). |
Rz. 204
Eine Ermäßigung nach Nr. 3101 Nr. 3 VV ist im Verbundverfahren nicht möglich (Anm. Abs. 2 zu Nr. 3100 VV).
Beispiel 56: Bloße Protokollierung nicht anhängiger Gegenstände
Im Verbundverfahren (Ehesache 9.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 1.800,00 EUR) protokolliert der Anwalt eine von den Beteiligten selbst ohne Mitwirkung der Anwälte ausgehandelte Einigung über den Haushalt (Wert: 3.000,00 EUR).
Die Verfahrensgebühr entsteht aus dem Gesamtwert von Ehesache, Versorgungsausgleich und Haushalt (§ 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG), also aus 13.800,00 EUR. Dabei entsteht aus dem Wert von Ehesache und Versorgungsausgleich die Verfahrensgebühr zu 1,3 (Nr. 3100 VV), während sich aus dem Wert des Haushalts die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2, 1. Alt. VV unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG auf 0,8 ermäßigt.
Die Terminsgebühr entsteht nur aus dem Wert von Ehesache und Versorgungsausgleich. Das bloße Protokollieren einer Einigung der Beteiligten löst keine Terminsgebühr aus (Anm. Abs. 3 zu Nr. 3104 VV).
Eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 Nr. 1 VV) entsteht nicht, da der Anwalt an der Einigung nicht mitgewirkt hat, sondern die Beteiligten die Einigung selbst ausgehandelt und abgeschlossen haben.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
865,80 EUR |
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(Wert: 10.800,00 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV |
177,60 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als |
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933,40 EUR |
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1,3 aus 13.800,00 EUR |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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799,20 EUR |
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(Wert: 10.800,00 EUR) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.752,60 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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332,99 EUR |
Gesamt |
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2.085,59 EUR |
Rz. 205
Wird eine Einigung über nicht anhängige Gegenstände unter Mitwirkung des Anwalts geschlossen, entsteht ebenfalls nur die ermäßigte Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV. Jetzt kommen allerdings Termins- und Einigungsgebühr hinzu.
Beispiel 57: Einigung auch über nicht anhängige Gegenstände
Wie vorangegangenes Beispiel 56; jedoch hat der Anwalt an der Einigung über den Haushalt (Wert: 3.000,00 EUR) mitgewirkt.
Die Verfahrensgebühr entsteht wiederum aus dem Gesamtwert von Ehesache, Versorgungsausgleich und Haushalt (§ 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG), also aus 10.800,00 EUR. Dabei entsteht aus dem Wert von Ehesache und Versorgungsausgleich die Gebühr zu 1,3 (Nr. 3100 VV), während sich aus dem Wert des Haushalts die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV auf ...