1. Überblick
Rz. 363
Gem. § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Umfang des Vergütungsanspruchs des Anwalts nach den Beschlüssen des Gerichts, durch die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet worden ist.
Rz. 364
Zu beachten ist jedoch, dass sich die Verfahrenskostenhilfe in Familiensachen auch auf weitere Verfahren oder Gegenstände erstreckt.
2. Versorgungsausgleich im Verbund
Rz. 365
In Scheidungssachen ist § 149 FamFG zu beachten. Danach erstreckt sich die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe kraft Gesetzes auf die Folgesache zum Versorgungsausgleich, sofern nicht eine Erstreckung im Beiordnungsbeschluss ausdrücklich ausgeschlossen wird.
3. Widerantrag in Ehe und Lebenspartnerschaftssachen
Rz. 366
In Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG erstreckt sich die bewilligte Verfahrenskostenhilfe auch auf die Rechtsverteidigung gegen einen Widerantrag (§ 48 Abs. 5 S. 2 Nr. 4 RVG).
4. Anschlussbeschwerde oder -rechtsbeschwerde
Rz. 367
Ist dem bedürftigen Beteiligten Verfahrenskostenhilfe für eine Beschwerde oder eine Rechtsbeschwerde bewilligt worden, so erstreckt sich die Bewilligung und Beiordnung kraft Gesetzes auch auf die Rechtsverteidigung gegen eine Anschlussbeschwerde oder Anschlussrechtsbeschwerde des Gegners (§ 48 Abs. 2 S. 1 RVG), sofern der Beiordnungsbeschluss nichts anderes bestimmt (§ 48 Abs. 2 S. 2 RVG).
Beispiel 140: Verfahrenskostenhilfe für Anschlussbeschwerde
Die Ehefrau hatte beantragt, den Ehemann zu einer zukünftigen monatlichen Unterhaltszahlung in Höhe von 600,00 EUR zu verpflichten. Das FamG hat den Ehemann verpflichtet, 400,00 EUR monatlich zu zahlen. Dagegen legt er Beschwerde nach § 58 FamFG ein, mit der er seinen Abweisungsantrag weiterverfolgt. Dafür wird ihm antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Daraufhin erhebt die Ehefrau Anschlussbeschwerde gem. § 66 FamFG, mit der sie ihren weiter gehenden Antrag auf Zahlung von Unterhalt in Höhe von 600,00 EUR weiter verfolgt.
Einer gesonderten Verfahrenskostenhilfebewilligung für die Anschlussbeschwerde bedarf es nicht. Die für die eigene Beschwerde des Ehemannes bewilligte Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich auch auf die Abwehr der Anschlussbeschwerde. Der dem Ehemann beigeordnete Anwalt kann daher aus dem vollen Wert von 12 x 600,00 EUR auch im Beschwerdeverfahren abrechnen.
5. Vollstreckung einstweiliger Anordnungen
Rz. 368
Für ein Vollstreckungsverfahren ist grundsätzlich gesondert Verfahrenskostenhilfe zu beantragen (§ 48 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 RVG). Nach § 48 Abs. 2 S. 1 RVG erstreckt sich jedoch die in einem Verfahren auf Erwirkung einer einstweiligen Anordnung bewilligte Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung eines Anwalts in diesem Verfahren auch auf die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung, sofern im Beiordnungsbeschluss nichts Abweichendes bestimmt ist (§ 48 Abs. 2 S. 2 RVG).
Beispiel 141: Vollstreckung einstweiliger Anordnung
Die Ehefrau hatte einen Beschluss im Wege der einstweiligen Anordnung auf Kindesunterhalt erwirkt und will daraus jetzt vollstrecken.
Einer gesonderten Verfahrenskostenhilfebewilligung für die Vollstreckung bedarf es nicht. Es müssen weder Gerichtskosten noch Gerichtsvollzieherkosten gezahlt werden. Zudem werden die Anwaltskosten übernommen.
6. Vollziehung eines Arrests
Rz. 369
Gleiches (siehe Rdn 368) gilt im Falle der Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahren auf Erwirkung eines Arrests. Hier erstreckt sich die Verfahrenskostenhilfe auf Vollziehung des Arrests, sofern im Beiordnungsbeschluss nichts Abweichendes bestimmt ist (§ 48 Abs. 2 S. 2 RVG).
7. Vollstreckung in das bewegliche Vermögen
Rz. 370
Darüber hinaus ist § 119 Abs. 2 ZPO (§§ 76 Abs. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG) bzw. § 77 Abs. 2 FamFG zu beachten: Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft. Auch insoweit sind also keine weiteren Bewilligungen erforderlich. Eine Möglichkeit, wie in § 48 Abs. 2 S. 2 RVG, etwas anderes im Bewilligungsbeschluss zu bestimmen, also den Umfang des § 119 Abs. 2 ZPO einzuschränken, besteht nicht.
8. Vereinbarungen im Verbundverfahren
a) Umfang der Beiordnung
Rz. 371
Eine Besonderheit für das Verbundverfahren ist in § 48 Abs. 3 RVG enthalten. Die Beiordnung des Rechtsanwalts in einer Ehesache (§ 121 FamFG) erstreckt sich auch auf den Abschluss eines Vertrags i.S.d. Nr. 1000 Nr. 1 VV (insbesondere einer Folgenvereinbarung), die
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den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten, |
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den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander, |
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die Sorge der Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, |
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die Regelung des Umgangs mit einem Kind, |
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die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung, |
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die Rechtsverhältnisse am Haushalt |
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Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder |
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den Versorgungsausgleich |
betrifft.
Rz. 372
Wird zu den vorgenannten Gegenständen eine Vereinbarung getroffen, so braucht hierfür keine gesonderte Verfahrenskostenhilfe beantragt zu werden. Die in der Ehesache bewilligte Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich kraft Gesetzes auch auf die Einigung. Das Gericht kann die Verfahrenskostenhilfe insoweit auch nicht einschränken. Insbesondere kann eine Vereinbarung nicht als mutwillig abgeta...