Rz. 77
Unterschiede zwischen den Typen geringfügiger Beschäftigung bestehen in der gesetzlichen Rentenversicherung: Denn auch insoweit besteht für zeitgeringfügig Beschäftigte i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV keine Versicherungspflicht, § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI.
Rz. 78
Dagegen sind geringfügig entlohnte Beschäftigte seit dem 1.1.2013 in der Rentenversicherung grundsätzlich versicherungspflichtig. § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI enthält keine Ausnahme für geringfügig Beschäftigte und § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI nennt als versicherungsfrei lediglich die zeitgeringfügig Beschäftigten nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, nicht aber die entgeltgeringfügig Beschäftigten nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV. Das war früher anders geregelt; zur Übergangsregelung siehe unten Rdn 82 und 112.
Rz. 79
Entgeltgeringfügig Beschäftigte haben jedoch die in § 6 Abs. 1b SGB VI näher beschriebene Möglichkeit, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen – sog. Opt-out-Lösung. Hierfür bedarf es eines schriftlichen oder elektronischen Befreiungsantrags, der dem Arbeitgeber zugehen muss, § 6 Abs. 1b S. 2 SGB VI, der wiederum die zuständige Einzugsstelle im Rahmen seiner Meldung nach § 28a Abs. 1 S. 1 Nr. 11 SGB IV informiert. Der Antrag kann im Falle mehrerer geringfügiger Beschäftigungen nur einheitlich – also nicht für jede geringfügige Beschäftigung unterschiedlich – gestellt werden und ist für die Dauer dieser Beschäftigungen dann bindend, § 6 Abs. 1b S. 4 SGB VI. Der Arbeitnehmer kann seinen Befreiungsantrag also während der geringfügig entlohnten Beschäftigung nicht widerrufen. Er kann sich – anders formuliert – nicht nachträglich doch noch für den Rentenversicherungsschutz entscheiden.
Rz. 80
Der Antrag wirkt im Regelfall rückwirkend vom Beginn desjenigen Monats an, in dem er dem Arbeitgeber zugegangen ist. Dies und weitere Einzelheiten regelt § 6 Abs. 4 SGB VI. Über den Antrag entscheidet der Träger der Rentenversicherung, wobei die Befreiung als erteilt gilt, wenn die Einzugsstelle – das ist nach § 28i S. 5 SGB VI bei geringfügig Beschäftigten die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See – dem Antrag nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers widerspricht, § 6 Abs. 3 S. 2 SGB VI. Ein solcher Widerspruch könnte etwa dann erfolgen, wenn die Einzugsstelle feststellt, dass die Voraussetzungen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nicht vorliegen.
Rz. 81
Stellt der geringfügig entlohnte Beschäftigte keinen derartigen Befreiungsantrag, so bleibt er versicherungspflichtig in der Rentenversicherung. Er erwirbt dann Rentenansprüche, muss allerdings auch einen eigenen Beitragsanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung aufbringen (dazu sogleich Rdn 89 ff.).
Rz. 82
Damit ist das frühere System der regelmäßigen Rentenversicherungsfreiheit eines geringfügig entlohnten Beschäftigten mit der Möglichkeit zum Verzicht auf diese Freiheit nach § 5 Abs. 2 S. 2 SGB IV (alte Fassung; "Opt-in"), also mit der Möglichkeit zur de facto freiwilligen Rentenversicherung, seit 2013 in sein Gegenteil verkehrt. Für zum Stichtag 1.1.2013 bereits bestehende und bis heute fortbestehende geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse enthalten §§ 229 Abs. 5, 230 Abs. 8 SGB VI Übergangsregelungen.