I. Geringfügig entlohnte Beschäftigungen
1. Regelmäßigkeit
Rz. 11
Um nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV als geringfügige Beschäftigung zu zählen, muss die Tätigkeit – im bewussten Gegensatz zu dem Ausschluss der Berufsmäßigkeit in Nr. 2 (vgl. hierzu unten Rdn 54 ff.) – regelmäßig erbracht werden.
2. Allgemeines zur Entgeltobergrenze
Rz. 12
Eine geringfügige Beschäftigung in der Ausprägung der geringfügig entlohnten Beschäftigung (Entgeltgeringfügigkeit) liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig die jeweilige Geringfügigkeitsgrenze (zurzeit 538 EUR je Monat) nicht übersteigt, § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV. Ob dies der Fall ist, kann schwieriger zu entscheiden sein als auf den ersten Blick ersichtlich, zumal das Gesetz teils komplizierte Zusammenrechnungsregelungen vorsieht.
Rz. 13
Die Geringfügigkeitsgrenze (zurzeit 538 EUR) meint letztlich einen Bruttobetrag – wie in Deutschland im Arbeitsleben üblich. Die vom Arbeitgeber ggfs. zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung und Steuern kommen hinzu. Abzüge zu Lasten des Arbeitnehmers sind im Vergleich zum nicht-geringfügigen Beschäftigungsverhältnis stark eingeschränkt, doch können je nach Gestaltung des Arbeitsverhältnisses Rentenversicherungsbeiträge und ggfs. auch Lohnsteuern abzuziehen sein.
Rz. 14
Nach neuerer Rechtsprechung beschreibt die Entgeltgeringfügigkeitsgrenze einen Monatswert, der auch dann gilt, wenn die Beschäftigung nicht während des gesamten Kalendermonats besteht. Der Monatswert ist in einem solchen Fall also nicht pro rata temporis zu reduzieren. Vielmehr kann auch derjenige noch 538 EUR hinzuverdienen, der seine Nebentätigkeit z.B. erst am 20. eines Monats aufnimmt.
3. Hinzurechnungsfreie Entgeltbestandteile
Rz. 15
Der Arbeitgeber kann neben dem Arbeitsentgelt von derzeit maximal 538 EUR je Monat noch weitere Zahlungen oder andere geldwerte Gegenstände an den Arbeitnehmer leisten, ohne dass dem Beschäftigungsverhältnis die Geringfügigkeit aberkannt würde, solange es sich um Leistungen handelt, die entweder gar kein Arbeitsentgelt oder von der Lohnsteuer (und damit auch von der Sozialversicherungspflicht) befreit sind. Einzelheiten ergeben sich aus der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV), mit der das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der ihm in § 17 Abs. 1 SGB IV eingeräumten Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht hat.
Rz. 16
So können (mit möglichen Einschränkungen im Einzelfall) etwa die folgenden Leistungen steuerfrei oder pauschal versteuert – und damit auch sozialversicherungsfrei – auch zusätzlich zu den 538 EUR vereinbart und ausbezahlt werden, ohne den Status einer geringfügig entlohnten Beschäftigung zu gefährden:
▪ |
jedweder Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG), |
▪ |
Trinkgelder (§ 3 Nr. 51 EStG), |
▪ |
Kindergartenzuschüsse (in gesetzlich unbegrenzter Höhe, solange sie nur zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden; § 3 Nr. 33 EStG), |
▪ |
unentgeltlich oder verbilligt überlassene typische Berufskleidung (§ 3 Nr. 31 EStG), |
▪ |
die Privatnutzung dienstlicher Mobiltelefone, Computer, Laptops usw. (§ 3 Nr. 45 EStG), |
▪ |
Erstattung von Fahrtkosten von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück, |
▪ |
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung zum Arbeitsplatz (§ 3 Nr. 32 EStG), |
▪ |
die Privatnutzungsmöglichkeit für ein Dienstfahrrad (§ 3 Nr. 37 EStG), |
▪ |
das Aufladen von Elektro- oder Hybridfahrzeugen, sofern es zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt (§ 3 Nr. 46 EStG), |
▪ |
ggf. bestimmte Leistungen zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung (§ 3 Nrn. 56, 63, 63a, 66 EStG), |
▪ |
Aufstockungsbeträge im Rahmen der Altersteilzeit einschließlich der Zuschläge zur Sozialversicherung (§ 3 Nr. 28 EStG), |
▪ |
Werkzeuggeld (Entschädigung für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers; § 3 Nr. 30 EStG), |
▪ |
u.v.m. |
Rz. 17
Auch ein geringfügig entlohnter Beschäftigter kann von seinem Arbeitgeber also deutlich mehr als 538 EUR im Monat erhalten.
4. Hinzurechnungspflichtige Entgeltbestandteile
Rz. 18
Andererseits können einmalige Einnahmen auch dann zur Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze führen, wenn sie gar nicht in dem entsprechenden Kalendermonat zur Auszahlung gelangen. Das betrifft insbesondere Weihnachts- und Urlaubsgelder oder auch Bonus- oder Prämienzahlungen, deren Gewährung mit hinreichender Sicherheit mindestens einmal jährlich zu erwarten ist, etwa aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung (einschließlich betrieblicher Übung) oder aufgrund eines anwendbaren Tarifvertrags oder einer anwendbaren Betriebsvereinbarung. Eine solche mit hinreichender Sicherheit zu erwartende Zahlung ist zum Zwecke der Berechnung des regelmäßigen Arbeitsentgelts auf die einzelnen Monate des Jahres zu verteilen.
Rz. 19
Steht eine Zahlung dem Grunde und der Höhe nach in Abhängigkeit vom Geschäftsergebnis oder einer individuellen Arbeitsleistung des Vorjahres, so bleiben diese Einnahmen betreffend die Geringfügigkeitsgrenze unberücksichtigt. Sie zählen nur als Einnahmen in dem Monat der tatsächlichen Zahlung, wobei sie dann in aller Regel als gelegentliches...