I. Arbeitsrechtliche Beratung
Rz. 113
Für geringfügig Beschäftigte gilt das allgemeine Arbeitsrecht einschließlich Teilzeitrecht. Insoweit kann auf alle sonstigen Darstellungen in diesem Buch verwiesen werden. Im Folgenden werden einige Aspekte hervorgehoben, die in Beratungssituationen rund um geringfügige Beschäftigungen typischerweise besonders beachtet werden müssen.
Rz. 114
Schon bei der Einstellung von geringfügig Beschäftigten, aber auch bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses ist darauf zu achten, dass der Gleichheitsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot uneingeschränkt gelten. Geringfügig Beschäftigte dürfen nur dann anders (schlechter) behandelt werden als andere Arbeitnehmer, wenn es dafür einen sachlichen Differenzierungsgrund gibt. Das wird nur selten der Fall sein. Insbesondere darf der Stundenlohn des geringfügig Beschäftigten ohne Weiteres nicht niedriger sein als der einer in vergleichbarer Tätigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigten Person. Das alles muss nicht nur der Anwalt wissen, sondern sollte auch der Arbeitgeber als Mandant erfahren. Es ist nach wie vor vielfach unbekannt (oder wird verdrängt).
Rz. 115
Möchte der Arbeitgeber auf kurzfristig Beschäftigte zurückgreifen, so darf dafür zur Vermeidung der Annahme einer berufsmäßigen Beschäftigung kein auf die Dauer von mehr als einem Kalenderjahr abgeschlossener, schon gar kein unbefristeter Rahmenvertrag abgeschlossen werden. Rechtlich sind zwar Ausnahmen möglich, für die Beratung aber viel zu riskant – sofern der Mandant nicht eingehend auf die Risiken hingewiesen wird.
Rz. 116
Betreffend einen etwaigen Rahmenvertrag, aber auch überhaupt im Hinblick auf die für den Arbeitgeber finanziell besonders günstige Möglichkeit, kurzfristig Beschäftigte einzustellen, ist wichtig zu erkennen, dass es sich um befristete Arbeitsverhältnisse handelt. Die Befristungsabrede bedarf der Schriftform gem. § 14 Abs. 4 TzBfG oder der elektronischen Form i.S.v. § 126a BGB. Unterbleibt dies, so gilt der Vertrag gem. § 16 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das hat neben den arbeitsrechtlichen Konsequenzen in der Regel auch den Verlust der Zeitgeringfügigkeit zur Folge, da die nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV erforderliche Kurzfristigkeit im Falle eines unbefristeten Arbeitsvertrags nicht vorliegen kann. Das dann mögliche Nachzahlen von Sozialversicherungsbeiträgen geht auf die Rechnung des Arbeitgebers (s. auch § 20 Rdn 10, 18 ff. und 28 ff.).
Rz. 117
Sollte nicht ausnahmsweise eine sachgrundlose Befristung möglich sein, erfordert die Wirksamkeit der Befristung auch im Rahmen geringfügiger Beschäftigung einen Sachgrund i.S.v. § 14 Abs. 1 TzBfG (siehe bereits oben Rdn 46).
Rz. 118
Wie auf Vollzeitbeschäftigte findet auch auf geringfügig Beschäftigte das Nachweisgesetz (NachwG) Anwendung. Auch geringfügig Beschäftigten sind also die für ihr Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses in schriftlicher Form auszuhändigen. In der Praxis ist dazu raten, die notwendigen Angaben bereits in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Nach dem NachwG muss die Niederschrift mindestens die folgenden Angaben enthalten:
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der Name und die Anschrift der Vertragsparteien, |
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der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, |
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bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses, |
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der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann, |
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eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit, |
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die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit, |
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die vereinbarte Arbeitszeit, |
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die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs, |
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die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, |
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ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. |
Rz. 119
Betriebsverfassungsrechtlich sind auch Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer des Betriebs. Das gilt auch für geringfügig Beschäftigte. Sie sind bezogen auf alle von der Anzahl der Arbeitnehmer abhängigen Aspekte im Betriebsverfassungsgesetz voll mitzuzählen. Geringfügig Beschäftigte sind zudem sowohl wahlberechtigt als auch wählbar. Bei der Wahl zählt die Stimme eines geringfügig Beschäftigten genauso viel wie die eines anderen Teilzeit- oder eines Vollzeitbeschäftigten.
Rz. 120
Für die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen (Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung) betreffend geringfügig Beschäftigte gilt nichts Besonderes. Das gilt auch betreffend die Anhörungspflicht vor dem Ausspruch von Kündigungen. §§ 99 ff. BetrVG nehmen geringfügig Beschäftigte nicht aus. Besteht in dem Betrieb eine bestimmte Gehalts- oder Lohngruppenordnung, so m...