Rz. 347
Durch das MoMiG wurde das frühere Eigenkapitalersatzrecht für Sachverhalte nach seinem Inkrafttreten (1.11.2008) aufgehoben und mit Änderungen in das Insolvenzrecht verlagert. Die im Folgenden zu erörternden insolvenzrechtlichen Regelungen verzichten auf die Merkmale "eigenkapitalersetzend" und "Krise" der Gesellschaft.
Rz. 348
Die maßgeblichen Regelungen sind § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG, § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO, § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 und 5 InsO, § 44a InsO, §§ 135 InsO, § 143 Abs. 3 InsO und § 22 ZPO.
Jede Darlehensforderung eines Gesellschafters und alle Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafter-Darlehen wirtschaftlich entsprechen, sind nunmehr in der Insolvenz der haftungsbeschränkten Gesellschaft nachrangig (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Im letzten Jahr vor oder nach dem Insolvenzantrag über das Vermögen der Gesellschaft noch erhaltene Befriedigungen oder innerhalb der letzten 10 Jahre vor oder nach dem Insolvenzantrag noch erhaltene Sicherungen für solche dem Nachrang unterfallende Forderungen sind im eröffneten Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter anfechtbar (§ 135 Abs. 1 InsO). Weder für die Nachrangigkeit noch für die Insolvenzanfechtung ist Voraussetzung, dass das Gesellschafterdarlehen oder die wirtschaftlich vergleichbare Gesellschafterhilfe oder die Sicherheit im Stadium der Krise der Gesellschaft (Insolvenzreife oder Kreditunwürdigkeit) gewährt oder stehen gelassen bzw. befriedigt wurde. Der Nachrang der noch offenen Gesellschafterforderungen und die Insolvenzanfechtbarkeit der noch erhaltenen Befriedigungen oder Sicherheiten greifen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft in jedem Fall ein. Eine willentliche Entscheidung des Gesellschafters, das Darlehen in der Krise stehen zu lassen, ist nicht mehr Tatbestandsvoraussetzung.
Rz. 349
Begründet werden erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintretender Nachrang und Anfechtbarkeit im RegE des MoMiG mit dem rechtspolitischen Postulat, der seine Gesellschaft kreditierende Gesellschafter habe bzw. übernehme durch die Kreditierung ggü. den sonstigen Gesellschaftsgläubigern eine Finanzierungsfolgenverantwortung. Da somit die materielle Unterkapitalisierung oder gar eine durch den finanzierenden Gesellschafter angeblich geschaffene Gefahrenlage für den Rechtsverkehr als Legitimation für die Nachrangigkeit der Gesellschafterforderungen und Anfechtbarkeit erhaltener Befriedigungen herhalten muss, bedarf die Neuregelung zu ihrer Rechtfertigung also ebenso des alten Gedankens, dass Finanzierungsleistungen der Gesellschafter quasi Eigenkapital sind, denn nur dieses ist nachrangig. Genau diese Begründung hat der BGH dann auch herangezogen. Als weitere Begründung für den Nachrang und die Anfechtbarkeit hat der BGH entschieden, dass nur so der erforderliche Ausgleich der Störung des Risikogleichgewichts herbeigeführt werden könne, dass dadurch bestehe, dass ein Fremddarlehensgeber im Insolvenzverfahren der Darlehensschuldnerin sein Darlehensforderung nur als Insolvenzforderung geltend machen könne und so nur die Quotenaussicht habe, während der darlehensgebende Gesellschafter zusätzlich den Anspruch auf Überschussauskehr nach § 199 Satz 2 InsO habe. Schließlich sein die Regelungen geboten, weil der Gesellschafter Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft nehmen könne.