Rz. 248
Wenn der Schuldner bei Überschuldung oder drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit Bestandteile seines Vermögens, die für den Fall der Insolvenzeröffnung zur Insolvenzmasse gehören, beiseiteschafft oder verheimlicht, wenn er Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in eine den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt, Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt, kann dies den Straftatbestand des Bankrotts erfüllen. Auch kann es ein Bankrott sein, wenn der Schuldner die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit erst durch Beiseiteschaffen von Vermögensbestandteilen herbeiführt: dann sind die beiseitegeschafften Vermögenswerte bei der Beurteilung, ob die Krisenmerkmale tatsächlich gegeben sind, nicht zu berücksichtigen.
Rz. 249
§ 283 StGB ist ein echtes Sonderdelikt. Täter kann daher nur sein, wer selbst für die Verbindlichkeit haftet. Diese Pflichtenstellung ist ein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB.
Rz. 250
Besondere Gefahr besteht bei "übertragenden Sanierungen" im Vorfeld einer Insolvenz (zu den Risiken s.a. Rdn 209 ff.). So kann auch die Übertragung eines belasteten Gegenstandes an einen Dritten gegen Übernahme der gesicherten Verbindlichkeit den Tatbestand des Bankrotts erfüllen. Der Bankrottstraftatbestand umfasst eine Vielzahl tatbestandsmäßiger Handlungen.
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Nach § 283 Abs. 1 StGB sind tatbestandsmäßig:
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Nr. 1: Beeinträchtigung des Vermögens oder von Bestandteilen durch Beiseiteschaffen, Verheimlichen oder Zerstören. Beiseiteschaffen liegt nur dann vor, wenn der Zugriff auf den weggegebenen Vermögensbestandteil für einen Insolvenzverwalter im Rahmen der Insolvenz wesentlich erschwert wird, etwa durch Verstecken oder Verschleiern von Vermögenswerten. In der Insolvenz einer natürlichen Person kann der Straftatbestand bis zum Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahrens (= Erteilung der RSB) verwirklicht werden. |
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Nr. 2: Spekulationsgeschäfte und unwirtschaftliche Ausgaben, |
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Nr. 3: Verschleuderung von Waren oder Wertpapieren, |
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Nr. 4: Scheingeschäfte, |
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Nr. 5: Nichtführen oder nicht richtiges Führen der Handelsbücher mit der Folge, dass die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird. Der Geschäftsführer hat auch in der Krise sicherzustellen, dass die Bücher ordnungsgemäß geführt und die Bilanzen erstellt werden; wer sich als Organ einer juristischen Person bestellen lässt, bietet regelmäßig die Gewähr dafür, dass er dazu selbst in der Lage ist. |
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Nr. 6: Beiseiteschaffen, Verheimlichen, Zerstören oder Beschädigen von Handelsbüchern oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist, |
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Nr. 7: Aufstellen unrichtiger oder Unterlassen richtiger Bilanzen und infolgedessen erschwerte Vermögensübersicht. Erforderlich ist Gleichzeitigkeit von Krise und Nichterstellung der Bilanz. Tritt Überschuldung erst später ein, kommt nur eine Strafbarkeit nach § 283b Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) StGB in Betracht. |
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Nr. 8 enthält eine Generalklausel. Nach dieser ist tatbestandsmäßig jede Verringerung des Vermögensbestandes in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise oder die Verheimlichung oder Verschleierung der wirklichen geschäftlichen Verhältnisse. Letzteres kann vorliegen, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer nach seinem formellen Rückzug die Gesellschaft faktisch weiter beherrscht (Option auf Rückerwerb, Vollmacht zur umfassenden Vertretung und Geschäftsführung). Sog. Firmenbestattungen können den Tatbestand erfüllen. |
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Nach § 283 Abs. 2 StGB ist die Herbeiführung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit durch Handlungen i.S.d. Abs. 1 tatbestandsmäßig. Bei der Feststellung der Überschuldung sind die effektiv versteckten Vermögenswerte nicht mit zu berücksichtigen. Mitursächlichkeit der Tathandlung (hier "Auslagerung" von Untermietverträgen) für den Eintritt der Überschuldung oder Zahlungsursächlichkeit reicht. |
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Nach § 283 Abs. 3 StGB ist der Versuch strafbar. |
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Nach § 283 Abs. 4 u. 5 StGB sind bestimmte Begehungshandlungen der Abs. 1 und 2 auch bei fahrlässiger Begehung strafbedroht. |
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Nach § 283 Abs. 6 StGB ist objektive Strafbarkeitsbedingung für alle Taten entweder die Zahlungseinstellung oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder die Ablehnung der Eröffnung mangels Masse. |
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§ 283a StGB regelt den besonders schweren Fall des Bankrotts. |