Rz. 13
Herkömmlicher Weise werden zur Beschreibung eines typischen Krisenverlaufs drei Stufen einer Unternehmenskrise unterschieden:
Rz. 14
Erste Stufe: Strategiekrise
Als Strategiekrise wird die Verschlechterung der Wettbewerbsposition des Unternehmens bezeichnet. Ihre Ursache kann darin liegen, dass das Unternehmen seine Erfolgspotenziale aufgebraucht und keine neuen Erfolgspotenziale, etwa Produktneu- oder -weiterentwicklungen, aufgebaut hat. Insoweit sei auf den Produktlebenszyklus verwiesen. Ohne Produktinnovation durch Neu- oder Weiterentwicklung wird auch mit den aktuell gut absetzbaren Produkten das Umsatzniveau des Unternehmens nicht dauerhaft zu halten sein, mit der Folge, dass Umsatzrückgänge zu erwarten sind, die bei regelmäßig nicht adäquater Anpassung der Kosten in die zweite Krisenstufe führen.
Rz. 15
Zweite Stufe: Ertrags- oder Erfolgskrise
Diese zweite, auch als leistungswirtschaftliche Krise bezeichnete Krisenstufe ist dadurch definiert, dass im Unternehmen Verluste entstehen, die sukzessive das Eigenkapital aufzehren. In dieser Krisenstufe droht Überschuldung bzw. tritt Überschuldung ein, häufig unbemerkt.
Rz. 16
Dritte Stufe: Liquiditätskrise
In dieser dritten, auch als finanzwirtschaftliche Krise bezeichneten Krisenstufe verfügt das Unternehmen nicht mehr über genügend Liquidität, um die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Hier droht oder tritt ein Zahlungsunfähigkeit. Erfahrungsgemäß ist oft erst diese dritte Krisenstufe diejenige, die der Geschäftsleitung bewusst wird mit der Folge, dass erst in dieser Krisenstufe und damit häufig zu spät versucht wird, Maßnahmen zur Rettung des Unternehmens zu ergreifen.
Rz. 17
Für eine detaillierte Darstellung eines typischen Krisenverlaufs kann auf den vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) herausgegebenen Entwurf der Neufassung des Standard IDW ES 6 n.F. "Anforderungen an Sanierungskonzepte" v. 27.09.2022 verwiesen werden.
Rz. 18
Praxishinweis
Üblicherweise kündigt sich eine Unternehmenskrise über einen längeren Zeitraum an, etwa durch Umsatz- oder Ergebnisrückgang. Hier muss sofort reagiert werden und es reicht nicht aus, eine "schlechte Konjunktur" verantwortlich zu machen und zu hoffen, dass es irgendwann von selbst "wieder aufwärts geht". Häufiger Managementfehler ist, nicht, zu spät oder falsch zu reagieren, sodass das Unternehmen in die letzte vorinsolvenzliche Krisenstufe, die Liquiditätskrise gerät. Ein weiterer Managementfehler liegt dann oft darin, nur neue Liquidität zu beschaffen bzw. mit Gläubigern kurzfristige Stundungen zu vereinbaren, ohne die Ursache der Krise zu analysieren und zu beseitigen. Dadurch wird im Ergebnis nur weiter Verlustfinanzierung betrieben. Davon kann nur dringend abgeraten werden. Vielmehr sollte bei Beginn der Verlustentstehung sofort fachkundiger Rat eingeholt und die geeigneten Sanierungsmaßnahmen eingeleitet werden, damit die noch vorhandenen Mittel nicht in die Finanzierung der Verluste sondern in die Sanierung fließen.