Rz. 76
Nach jahrelanger Rspr. des BGH war zur Prüfung bzw. Darlegung der Zahlungsunfähigkeit ein Liquiditätsstatus bzw. eine Liquiditätsbilanz aufzustellen, der/die alle im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und binnen 3 Wochen zu erlangenden liquiden Mittel in Beziehung zu den am selben Stichtag fälligen und ernstlich eingeforderten Verbindlichkeiten und zusätzlich den innerhalb der nächsten 3 Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten setzt. Der Liquiditätsstatus bzw. die Liquiditätsbilanz zeigt die Liquidität zum bestimmten Stichtag. In den Liquiditätsplan sind ausgehend vom -status die in den folgenden drei Wochen zu erwartenden Zahlungseingänge und die fällig werdenden Verbindlichkeiten jeweils mit den erwarteten Zeitpunkten einzustellen. Es müssen die Fälligkeiten zum aktuellen Stichtag, innerhalb der nächsten 21 Tage (3-Wochen-Frist) und es sollte – aus Gründen der Unternehmensplanung – der Zeitraum nach den 21 Tagen bis zumindest 3 Monate gewählt werden. Zur Grundstruktur des Liquiditätsstatus/der Liquiditätsbilanz sowie des Liquiditätsplans zur Prüfung der Zahlungsunfähigkeit sei auf die einschlägige Lit. verwiesen, etwa Bauer, Die GmbH in der Krise, Rn 146 f.
Rz. 77
In der Lit. war außerdem als modifizierte Form der Zahlungsunfähigkeitsprüfung vorgeschlagen worden, zwei statische Betrachtungen zu den Stichtagen 1 und 22 zu erstellen. Zeige sich jeweils eine Liquiditätsunterdeckung von mehr als 10 %, lieg Zahlungsunfähigkeit vor. Vergleichbares hat der BGH jüngst entschieden: Die Zahlungsunfähigkeit kann auch auf andere Weise als durch Aufstellung einer Liquiditätsbilanz festgestellt werden, etwa durch Liquiditätsstatus auf den Stichtag und mehrere taggenaue Liquiditätsstatus in aussagekräftiger Anzahl, die jeweils erhebliche Unterdeckung und im maßgeblichen Zeitraum (drei Wochen) zu keinem Stichtag eine Schließung der Lücke ausweisen. Durch diese Art der Feststellung wird der sog. Volumeneffekt vermieden, der sich bei der Liquiditätsbilanz rechnerisch dadurch ergeben könnte, dass durch Unterlassen von Zahlungen die Liquiditätslücke auf unter 10 % gesenkt wird. Andererseits gehe ich davon aus, dass es auch nach der vorgenannten Entscheidung des BGH – insbesondere in der Beurteilungslage des Geschäftsführers ex ante – weiterhin möglich ist, die Zahlungsfähigkeit durch eine Liquiditätsbilanz zu prüfen bzw. sich gegen den späteren Vorwurf der Insolvenzverschleppung und die Folgen daraus zu verteidigen.
Auf ein lesenswertes Plädoyer für ein neues Modell der rechnerischen Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit in drei Schritten auf Basis absoluter Zahlen von Gutmann, NZI 2021, 473 ff. sei hingewiesen.