a) Grundsätzliches
Rz. 848
Nach der Rechtslage vor ESUG konnten Umwandlungen insolventer, d.h. aufgelöster (z.B. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG) Rechtsträger im Insolvenzverfahren nicht vorgenommen werden, da vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens die nach § 3 Abs. 3 UmwG erforderliche Fortsetzung nicht beschlossen werden konnte.
Rz. 849
Nach aktueller Gesetzeslage kann nun im Insolvenzplan sowohl in die Rechte der Gesellschafter eingegriffen als auch jede gesellschaftsrechtlich zulässige Regelung getroffen werden, also auch die Fortsetzung der Gesellschaft vorgesehen bzw. beschlossen werden (§ 225a Abs. 3 InsO). Daher wird in der Lit. vertreten, dass sich das Insolvenzplanverfahren nunmehr grds. auch für Umwandlungen nach dem UmwG eignet, weil nach der Neuregelung in § 225a Abs. 3 InsO jede Gesellschaft auch noch in der Insolvenz prinzipiell fortsetzungsfähig ist, was für § 3 Abs. 3 UmwG ausreiche. Danach kämen in Betracht also Formwechsel nach §§ 190 ff. UmwG, Verschmelzungen durch Aufnahme (§ 2 Nr. 1, §§ 4 ff. UmwG) oder zur Neugründung (§ 2 Nr. 2, §§ 36 ff. UmwG), Aufspaltungen zur Aufnahme (§ 123 Abs. 1 Nr. 1, §§ 126 ff. UmwG) oder Neugründung (§ 123 Abs. 1 Nr. 2, §§ 135 ff. UmwG), Abspaltungen (§ 123 Abs. 2 UmwG) und Ausgliederungen (§ 123 Abs. 3, §§ 152 ff. UmwG) ertragreicher Unternehmensteile anstelle des sonst üblichen asset-deals. Nach OLG Brandenburg sollen aber Verschmelzungen auf den insolventen Gemeinschuldner nicht möglich sein, weil nach § 3 Abs. 3 UmwG aufgelöste Rechtsträger an der Verschmelzung nur als übertragende Rechtsträger teilnehmen können. Eine erweiterte Anwendung der Regelung verbiete ihr Ausnahmecharakter und eine analoge Anwendung komme mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Das halte ich nicht für zwingend, weil ein solches Verbot aus § 3 Abs. 3 UmwG nicht ausdrücklich herauszulesen ist. So hat das OLG Bremen einen sog. "Downstream-merger" zweier insolventer Rechtsträger durch aufeinander Bezug nehmende Insolvenzpläne zugelassen. Außerdem kann nach BGH eine Missachtung des § 3 Abs. 3 UmwG nach Eintragung der Verschmelzung unbeachtlich sein und muss nicht zur Nichtigkeit der Verschmelzung führen.
Rz. 850
Für die Insolvenz des Einzelkaufmanns fehlt es an einer mit § 225a Abs. 3 InsO vergleichbaren Regelung, so dass es bei der alten Rechtslage verbleibt: die Ausgliederung ist nach § 152 Satz 2 UmwG nicht zulässig, wenn die Verbindlichkeiten des Einzelkaufmannes sein Vermögen übersteigen.
Rz. 851
Wird eine Umwandlung im Insolvenzplan vorgesehen, kommt der Umwandlungsbeschluss nach § 13 UmwG mit den Mehrheiten in der Gläubigerversammlung nach §§ 243 ff. InsO zustande. Nach gerichtlicher Planbestätigung dürfte der Beschluss unanfechtbar sein. Der Insolvenzverwalter ist nach § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO zur Anmeldung zum Handelsregister für die erforderliche Eintragung der Umwandlung (Wirksamkeitsvoraussetzung nach § 20 UmwG) befugt.
b) Ausgliederung statt Asset-Deal?
Rz. 852
Weil einerseits die übertragende Sanierung des Unternehmens im Wege des Asset-Deal aus der Insolvenz nicht immer möglich ist (etwa weil zur Fortführung nicht übertragbare Gegenstände, z.B. Vertragsverhältnisse, erforderlich sind) und weil der Eingriff in die Rechte der Anteilsinhaber mit den beschriebenen gesellschaftsrechtlichen Unwägbarkeiten und damit einhergehend mit Verzögerungen beim Wirksamwerden des Insolvenzplans verbunden sein kann (Rechtsbehelfsmöglichkeiten dissentierender Gesellschafter nach §§ 251, 253 InsO), könnte sich evtl. als "Königsweg" die Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG mit der partiellen Gesamtrechtsnachfolge anbieten. Der Insolvenzverwalter könnte eine neue Gesellschaft gründen und auf diese alle diejenigen Teile der insolventen Gesellschaft ausgliedern, die der Erwerber zur Fortführung des Unternehmens erwerben möchte, und sodann die Geschäftsanteile an der Ausgliederungsgesellschaft veräußern. Ob eine solche Ausgliederung aus der insolventen Gesellschaft nach § 123 Abs. 3 UmwG, etwa anstelle eines asset-deals in Betracht gezogen werden kann, ist leider, so weit ersichtlich, noch nicht abschließend geklärt und richtet sich in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen nach der Beantwortung der folgenden Rechtsfragen:
(1) Nach § 3 Abs. 3 UmwG muss allein die in § 225a Abs. 3 InsO vorgesehene Möglichkeit der Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft ausreichen und es darf nicht darauf ankommen, dass die Fortsetzung des übertragenden Rechtsträgers auch tatsächlich beschlosse...