Rz. 529
Nach § 15b Abs. 5 InsO (früher die durch das MoMiG eingeführten §§ 64 Satz 3 GmbHG, § 130a Abs. 1 Satz 3 HGB und § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG jeweils a.F.) dürfen die Geschäftsleiter an Personen, die an der Gesellschaft beteiligt sind, keine Zahlungen mehr leisten bzw. sind zum Ersatz solcher Zahlungen verpflichtet, soweit diese Zahlungen zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in § 15 Abs. 1 Satz 2 InsO bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar.
a) Regelungsgegenstand und Tatbestand
Rz. 530
Durch diese Regelung werden die Haftung der Geschäftsführer und damit der Gläubigerschutz auch auf die Fälle ausgedehnt, dass ein Vermögenstransfer aus der Gesellschaft an die Gesellschafter den Insolvenztatbestand der Zahlungsunfähigkeit erst begründet, die sog. Insolvenzverursachungshaftung. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Regelung eine Kompensation für die Schwächung des Gläubigerschutzes sein, der durch die Regelungen zum erlaubten Hin- und Herzahlen bei der Kapitalaufbringung z.B. nach § 19 Abs. 5 GmbHG, zur erlaubten Darlehensgewährung aus gebundenem Vermögen z.B. nach § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbH und zur erlaubten Bedienung von Gesellschafterdarlehen bis zur Insolvenzeröffnung nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG eingetreten ist: allen vorgenannten Regelungen ist gemein, dass der Liquiditätsabfluss aus der Gesellschaft an den Gesellschafter und damit tendenziell eine Mehrung der Risiken der Gesellschaftsgläubiger zunächst hinzunehmen ist. Nach § 64 Satz 3 GmbHG und den anderen genannten Regelungen hat der Geschäftsleiter darauf zu achten, dass sich die durch den Liquiditätsabfluss erhöhten Gläubigerrisiken nicht verwirklichen. Nach meinem Dafürhalten ist dies ein weiterer Beleg dafür, dass es sich bei der GmbH-Rechtsreform durch das MoMiG um eine Reform auf Kosten des (Fremd-)Geschäftsführers und damit gegenüber dem Gesellschafter tendenziell Schwächeren handelt.
Außerdem dürfte die Regelung auf die Fälle der sog. Firmenbestattungen zugeschnitten sein.
Eine Erstattungspflicht nach § 15b InsO besteht bei Zahlungen an die Gesellschafter, die erkennbar zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, auch dann, wenn die Gesellschafter den Eintritt der Insolvenz (etwa zur Vermeidung von Insolvenzanfechtungen) durch freiwillig Stützungszahlungen noch 13 Monate hinauszögern. Tatbestandsmäßig können auch sog. aufsteigende Kreditsicherheiten (upstream securities) sein.
Gleichgestellt sind Zahlungen an Dritte, die einer Zahlung an den Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen.
Die Privilegierung des § 15b Abs. 1 Satz 2 InsO ist nach der ausdrücklichen Regelung auch auf die Haftung nach § 15b Abs. 5 InsO 3 GmbHG anwendbar.
b) Überschneidungen, Anwendungsbereich und Rechtsfolge
Rz. 531
Die Regelung weist Überschneidungen mit mehreren anderen Gläubigerschutzinstrumenten auf.
Rz. 532
Bei einem Verstoß gegen das Verbot der Ausschüttung des Stammkapitals in § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG kann für den Geschäftsführer eine Schadensersatzpflicht nach § 43 Abs. 3 GmbHG entstehen.
Rz. 533
Nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG sind Gesellschafterdarlehen oder stille Beteiligungen nicht mehr wie Eigenkapital zu behandeln. Folglich sind deren Rückzahlung keine Eingriffe in das Stammkapital. Bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft kann sich eine Rückzahlungssperre für Gesellschafterdarlehen aber aus § 15b Abs. 5 InsO ergeben.
Rz. 534
Bei einem existenzvernichtenden Eingriff in das Vermögen der GmbH kommt nach dieser von der Rspr. des BGH geprägten Rechtsfigur neben der Haftung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft im Wege der Innenhaftung wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB auch eine Haftung des Geschäftsführers als Beteiligter nach § 830 BGB in Betracht. I.Ü. berührt die Regelung des § 15b Abs. 5 InsO die bisherige straf- und zivilgerichtliche Rspr. zur Haftung des Gesellschafters für existenzgefährdende bzw. -vernichtende Eingriffe nicht.
Rz. 535
Folglich wurden Anwendungsbereich und Rechtsfolge der Vorgängerregelung in § 64 Satz 3 GmbHG a.F. diskutiert. Dies betraf einerseits die Frage nach der Kausalität zwischen der Zahlung an den Gesellschafter und dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft und andererseits die Frage, ob § ...