a) Kein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO
Rz. 363
Unabhängig von der Frage, ob § 142 InsO im Rahmen der Anfechtung nach § 135 InsO überhaupt anwendbar ist – der BGH hat in einem Fall der Bestellung einer Sicherheit aus dem Gesellschaftsvermögen für ein Gesellschafterdarlehen entschieden, dass das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO für die Anfechtung der Bestellung einer Sicherheit für ein Gesellschafterdarlehen nicht gilt – liegen die Voraussetzungen bei der Darlehensrückzahlung nicht vor, da es insoweit an einem Gegenseitigkeitsverhältnis fehlt, welches allenfalls für die Zinszahlungen gegeben sein könnte (zu Zinszahlungen s. sogleich unten Rdn 364).
b) Qualifikation einer Gesellschafterforderung als Gesellschafterdarlehen
aa) Laufende Zinsen
Rz. 364
Vertragliche Ansprüche eines Gesellschafters auf marktübliche Zinsen für das von ihm gewährte Darlehen sind keine einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellten Forderungen, so dass die pünktliche Begleichung laufender Zinsansprüche nicht der Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO unterfällt. Entgegen noch OLG München dürfte sich also, wenn Zins und Tilgung zusammen geleistet worden sind, die Anfechtung der Tilgung nicht auch auf die geleisteten vertraglichen Darlehenszinsen erstrecken.
Anfechtbarkeit von Zinszahlungen nach dieser Vorschrift ist aber gegeben, wenn die vereinbarten Zinstermine (und -zahlungen) außerhalb jeder verkehrsüblichen Handhabung liegen.
bb) Stehen gelassene Forderungen aus entgeltlichen Austauschgeschäften
Rz. 365
Entgeltforderungen eines Gesellschafters aus Verkehrsgeschäften mit seiner Gesellschaft können als Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren sein, wenn die Forderung aufgrund einer vom Üblichen abweichenden Fälligkeits- oder Stundungsabrede Darlehenscharakter hat. Für diese Abgrenzung werden die Grundsätze zum Bargeschäft nach § 142 InsO herangezogen: bei einem "Stehenlassen" bis zu 30 Tagen erfolgt i.d.R. noch keine Umqualifizierung. Werden die Forderungen eines Gesellschafters aus einem üblichen Austauschgeschäft hingegen über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten rechtsgeschäftlich oder faktisch gestundet, handelt es sich grds. um darlehensgleiche Forderungen. Für den Zeitraum zwischen 30 Tagen und drei Monaten kommt es darauf an, ob die Forderung aufgrund einer vom (markt-)üblichen abweichenden Fälligkeits- oder Stundungsabrede Darlehenscharakter hat, was anhand einer Gesamwürdigung aller Umstände zu beurteilen ist. Die nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende Vergleichbarkeit mit Gesellschafterdarlehen wirkt auch steuerrechtlich.
Diese Grundsätze sind selbstverständlich auf die praktisch relevante Fallgruppe der (stehen gelassenen) Gehaltsforderungen des Gesellschafter-Geschäftsführers anzuwenden. In diesem Zusammenhang wurden auch Forderungen aus Altersversorgungszusagen des Gesellschafter-Geschäftsführers diskutiert, denn sie könnten entweder als Schenkung (anfechtbar nach § 134 InsO) oder als stehen gelassenes Entgelt für (frühere) Dienste anzusehen sein. Dann wären diese Forderungen in der Insolvenz der Gesellschaft nachrangig nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und Tilgungen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Sollte die Ruhegehaltszusage durch eine Sicherheit aus dem Gesellschaftsvermögen abgesichert sein, wäre das Werthaltigmachen der Sicherheit innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Insolvenzantrag nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar. Nun hat der BGH entschieden, dass Ansprüche eines Gesellschafters auf Zahlung eines Altersruhegeldes aus einer bestehenden betrieblichen Altersversorgung keine Forderungen aus Rechtshandlungen darstellen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.
Rz. 366
Vereinnahmen etwa die Gesellschafter von der Gesellschaft Mietzahlungen innerhalb des letzten Jahres vor Insolvenzeröffnung, die nicht innerhalb vertraglich üblicher Fälligkeitsregelungen oder nicht innerhalb der durch verkehrsübliche Gepflogenheiten bestimmten Fristen geltend gemacht bzw. bezahlt wurden, so sind die Zahlungen als Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Mehr als 30 Tage "stehengelassene" Pacht wird zur darlehensgleichen Forderung.
Rz. 367
Als Gesellschafterdarlehen mit der Folge des Nachrangs nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind auch Stundungen von erheblichen (Netto-)Lohnforderungen über einen längeren Zeitraum durch einen Arbeitnehmer der GmbH zu qualifizieren, der Gesellschafter zu einem Drittel ist (Nichtdurchsetzen über längeren Zeitraum ist als Stundung zu werten); auf eine Krise der Gesellschaft zur Zeit der Rechtshandlung kommt es nicht mehr an. Gehaltsforderungen des Gesellschafter-Arbeitnehmers, die innerhalb des Bargeschäftszeitraums (bis zu 30 Tage nach Fälligkeit des Lohnanspruchs für vorgeleistete Arbeit) bezahlt werden, sind keine einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechenden Forderungen.
Rz. 368
Die Stundung von Kaufpreisforderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft aus Warengeschäften lässt die...