a) Nachrang
Rz. 399
Durch die Formulierungen "Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen (Gesellschafter-)Darlehen wirtschaftlich entsprechen" in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und "gleichgestellte Forderung" bzw. "einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen" in § 135 InsO wurde der frühere sachliche Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts jedenfalls für vom Gesellschafter gegebene Sicherheiten für Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft übernommen.
Rz. 400
Der Anwendungsbereich der §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO geht auch über denjenigen der Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO hinaus, weil er die Notwendigkeit der Prüfung, ob durch die Zahlung der Gesellschaft an den Drittgläubiger zugleich der Gesellschafter Befriedigung eines (existenten?) Freistellungsanspruchs erhalten hat, die nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar wäre, entbehrt. Freilich würde das nur gelten, wenn die Existenz einer nach § 135 Abs. 2 InsO anfechtbaren Sicherheit auch dann angenommen wird, wenn der Gläubiger/Darlehensgeber keinen Anspruch aus der Sicherheit gegen den Gesellschafter unmittelbar hat, den er nach Insolvenzeröffnung gem. § 44a InsO geltend machen kann und der vor Insolvenzeröffnung eine Verpflichtung zur Freistellung der Gesellschaft nicht auslöst. Das OLG Frankfurt a.M. hat dies für einen Fall einer Gesellschafterbürgschaft verneint, die nur für den Fall künftiger Vermögensverlagerungen vom Hauptschuldner (Gesellschaft) auf den Bürgen (Gesellschafter) vereinbart war.
b) Befriedigungsvorrang nach § 44a InsO (Ausfallprinzip)
Rz. 401
Wie im alten Recht (§ 32a Abs. 2 GmbHG a.F.) hat die Besicherung einer Forderung durch den Gesellschafter auch Einfluss auf die Geltendmachung der Forderung gegen die Gesellschaft durch den Gläubiger. Nach § 44a InsO kann ein Gläubiger nach Maßgabe des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung, für die ein Gesellschafter eine Sicherheit bestellt oder für die er sich verbürgt hat, im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit oder des Bürgen ausgefallen ist. § 44a InsO ist ein gesetzlicher Spezialfall des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und gemeinsam mit §§ 135 Abs. 2 und 143 Abs. 3 InsO auszulegen mit der Folge, dass er den Drittkreditgeber zwingt, zunächst auf die vom Gesellschafter gewährte Sicherheit zuzugreifen, bevor er an der Verteilung der Insolvenzmasse teilnimmt. Die teilweise diskutierte Zweifelsfrage, ob der Insolvenzverwalter ein Initiativrecht gegenüber dem Gesellschafter hat, wenn ihn der Gläubiger nicht in Anspruch nimmt, scheint mir daher eher akademisch.
Rz. 402
Streitig war nach alter Rechtslage und ist auch zu § 44a InsO, in welcher Höhe die Forderung des Dritten bei der Forderungsanmeldung (§§ 174 ff. InsO) und bei der Verteilung (§§ 187 ff. InsO) zu berücksichtigen ist. Nach einer Auffassung kann der Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft die Forderung nur in Höhe seines Ausfalls gegenüber dem Gesellschafter anmelden mit der Folge, dass auch seine Quote nur auf diesen geringeren Forderungsteil berechnet wird. Nach anderer Auffassung kann der Gläubiger seine Forderung gem. § 43 InsO in voller Höhe anmelden und seine Quote wird auch auf diese ungekürzte Forderung berechnet; allerdings wird sie nur bis zur Höhe des nachgewiesenen Ausfalls ausgezahlt. Ich würde letzterer Auffassung den Vorzug geben, da nach meinem Dafürhalten § 44a InsO keine materiell-rechtliche Bedeutung hat, sondern nur eine Vorschrift für das Verteilungsverfahren ist und nicht den Drittgläubiger insgesamt schlechterstellen soll.
c) Anfechtung und Anfechtungsprivileg
Rz. 403
Anfechtungsgegner ist nach § 135 Abs. 2 InsO und § 143 Abs. 3 InsO der Gesellschafter. Führt die Gesellschaft einen von ihrem Gesellschafter besicherten Kontokorrent zurück, kann die dadurch bewirkte Befreiung des Gesellschafters von der Sicherung gegenüber dem Gesellschafter angefochten werden mit der Folge, dass der Gesellschafter die dem gesicherten Gläubiger gewährte Leistung im Umfang der Sicherheit zur Insolvenzmasse zu erstatten hat. Diese Insolvenzanfechtung setzt keine Krise der Gesellschaft voraus. Die Rückerstattungspflicht besteht auch, wenn der Kontokorrent dadurch zurückgeführt wird, dass der vorläufige Insolvenzverwalter (mit Verfügungsmacht) Abbuchungsaufträge oder Einzugsermächtigungen widerruft.
Rz. 404
Zahlt ein Gesellschafter die im letzten Jahr vor Insolvenzantrag zur Darlehensrückgewährung von der Gesellschaft erhaltenen Beträge wieder an die Gesellschaft ...