Rz. 478
Selbstverständlich ist es möglich, den Pflichtenkatalog bzw. Aufgabenbereich des Geschäftsführers statuarisch oder individualvertraglich zu definieren. Solche Geschäfts- bzw. Ressortaufteilungen und interne Zuständigkeitsregelungen unter mehreren Geschäftsführern können grds. zu einer Beschränkung der straf- und zivilrechtlichen Verantwortlichkeit führen. Darauf hinzuweisen ist aber, dass Ressortaufteilungen in der Praxis häufig doch nicht von der Haftung für in einem anderen Geschäftsführungsressort begangene Pflichtverletzungen befreien. Oft wird dem Geschäftsführer des unbeteiligten Ressorts dann ein Organisations- oder Überwachungsverschulden vorzuwerfen sein, wobei in der Krise der Gesellschaft noch gesteigerte Überwachungspflichten bestehen (sog. anlassabhängige Überwachung). Auch bei Geschäfts- bzw. Ressortaufteilungen unter mehreren Geschäftsführern ist zu beachten, dass die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, gerade auch die Erfüllung der insolvenzrechtlichen Pflichten (etwa Unterlassung von verbotenen Zahlungen nach § 15b InsO, Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO) allen Geschäftsführern persönlich obliegt und nicht delegiert werden kann. Eine Ressortaufteilung entbindet grds. nicht von der Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft. Gerade im Hinblick auf die insolvenzrechtlichen Pflichten bestehen besonders weitgehende Kontroll- und Überwachungspflichten gegenüber Mitgeschäftsführern. Will ein Mitgeschäftsführer geltend machen, dass ihn an den Verfehlungen (etwa gegen § 15b InsO) wegen der Ressortaufteilung kein Verschulden trifft, insbesondere weil er die Insolvenzreife nicht hat erkennen können, so ist eine klare und eindeutige, von allen Mitgliedern des Organs getragene, nicht notwendigerweise schriftlich dokumentierte Aufgabenzuweisung erforderlich, die die vollständige Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben durch hierfür fachlich und persönlich geeignete Personen sicherstellt und ungeachtet der Ressortzuständigkeit eines einzelnen Geschäftsführers die Zuständigkeit des Gesamtorgans für nicht delegierbare Aufgaben wahrt. Dies vorausgeschickt kann es für den Mitgeschäftsführer ausnahmsweise an der Erkennbarkeit der Insolvenzreife fehlen, wenn der für die Überwachung des laufenden Geschäftsverkehrs zuständige Geschäftsführer seinen Informationspflichten nicht nachkommt, etwa weil er die notwendigen Informationen schon selbst nicht hat, und dem sich ordnungsgemäß um Kontrolle bemühenden Mitgeschäftsführer bewusst Informationen vorenthält.
Rz. 479
Kann dieser sich gegen den Ressortleiter mit der Untersagung pflichtwidrigen Verhaltens nicht durchsetzen, hat er notfalls zur Vermeidung eigener Haftung sein Amt niederzulegen. Nach Haftungsinanspruchnahme des Organmitglieds kann ein Innenregressanspruch nach § 426 BGB in Betracht kommen, wobei das Problem der Bestimmung der Haftungsanteile nach den zu § 254 BGB entwickelten Grundsätzen entsteht.