Rz. 730
§ 266a StGB ist ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Der Geschäftsleiter der Gesellschaft ist als deren gesetzlicher Vertreter Normadressat nach § 14 StGB. Daraus folgt eine persönliche Schadensersatzhaftung des Geschäftsführers wegen Vorenthaltens von Beiträgen der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB. Der Tatbestand ist erfüllt, wenn bei Fälligkeit die Arbeitnehmeranteile nicht an die Einzugsstelle abgeführt werden. Maßgeblich ist der Fälligkeitszeitpunkt für die Beitragsabführung. Ob eine Stundung der Beiträge durch den Sozialversicherungsträger den Tatbestand der Beitragsvorenthaltung entfallen lässt, ist, soweit ersichtlich, noch nicht vom BGH entschieden. Ich würde das bejahen. Die bloße stillschweigende Duldung verspäteter Zahlungen durch den Sozialversicherungsträger ist nicht zwingend bereits eine wirksame Stundung. Daher sollte der Geschäftsführer/Arbeitgeber rechtzeitig Stundungsanträge stellen und bescheiden lassen.
Rz. 731
Die Beitragsansprüche entstehen unabhängig davon, ob das Arbeitsentgelt fällig ist. Daher kommt die Haftung des Geschäftsführers/Arbeitgebers auch dann zum Tragen, wenn gar kein Lohn mehr an die Arbeitnehmer ausgezahlt wurde. Die Beitragsabführungspflicht besteht auch dann fort, wenn der Arbeitnehmer bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt ist.
Rz. 732
Ferner kann die Haftung des Geschäftsführers/Arbeitgebers selbst dann eintreten, wenn zum Fälligkeitszeitpunkt keine liquiden Mittel für die Abführung der Beiträge mehr vorhanden sind, der Geschäftsführer es jedoch unterlassen hat, bei Anzeichen von Liquiditätsproblemen rechtzeitig ausreichende Rücklagen zu bilden. Ggf. muss der Geschäftsführer Zahlungen an andere Gläubiger unterlassen bzw. aussetzen, notfalls auch die Lohnzahlungen kürzen. Ist dem Geschäftsführer/Arbeitgeber der Vorwurf, die Bildung von Rücklagen versäumt zu haben, nicht zu machen, entfällt die Haftung bei Zahlungsunfähigkeit, also nur, wenn keine ausschöpfbare Kreditlinie mehr vorhanden ist.
Rz. 733
Für Säumniszuschläge haftet der Geschäftsführer nicht, da § 24 Abs. 1 SGB IV kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist. Auch für Beiträge an die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft gilt § 266a StGB nicht. Damit besteht auch insoweit keine Haftung bei Nichtabführung. Auch Arbeitnehmeranteile der Beiträge für freiwillige gesetzliche oder private Krankenversicherung unterfallen nicht der Regelung des § 266a Abs. 1 StGB. Nach § 266a Abs. 3 StGB macht sich der Arbeitgeber aber strafbar, wenn er diese Arbeitnehmeranteile einbehält, aber nicht abführt und den Arbeitnehmer nicht unverzüglich darüber unterrichtet.
Rz. 734
Das Vorenthalten von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung ist nur strafbar und kann zur Schadensersatzverpflichtung des Geschäftsführers/Arbeitgebers führen, wenn es auf falscher oder unterlassener Meldung zur Sozialversicherung beruht (Schwarzarbeit).