Rz. 490

Versicherungsnehmer ist regelmäßig die Gesellschaft, versicherte Person der Geschäftsführer. Es handelt sich insoweit also um einen Vertrag zugunsten Dritter.

 

Rz. 491

Es besteht grds. kein Anspruch des Geschäftsführers auf Abschluss einer speziellen D&O-Versicherung.[965] Streitig ist, wer zur Entscheidung über den Abschluss einer D&O-Versicherung zuständig ist. Sollte sie Teil der Vergütung des Geschäftsführers sein, spricht viel dafür, dass entsprechend § 46 Nr. 5 GmbHG die Gesellschafterversammlung zuständig ist. Es wird aber auch die Auffassung vertreten, dass es sich um eine Geschäftsführungsmaßnahme handele.

Bei Vorständen einer AG ist ein Selbstbehalt zu vereinbaren (§ 93 Abs. 2 Satz 3 AktG).[966] Diese Pflicht besteht für den Geschäftsführer der GmbH nicht.

 

Rz. 492

Der Abschluss der Versicherung ist i.d.R. anzuraten, jedoch sollte viel Aufmerksamkeit auf die genaue Ausgestaltung des Vertrages gelegt werden.[967]

Besonders ist darauf zu achten, dass die wesentlichen Gefahren abgesichert sind. Ein Problem kann sich aus der Vertragsklausel "Pflichtverletzungen bei Ausübung der versicherten Tätigkeit" ergeben, wenn der Schaden aus einer Tätigkeit nur "bei Gelegenheit" der versicherten Tätigkeit entstanden ist.[968] Die Versicherungssumme muss zur Höhe des abzusichernden Risikos passen. Sollte nämlich die Versicherungssumme nicht für alle Schadensfälle in einem Versicherungszeitraum ausreichen, ist die Verteilung der Versicherungssumme auf den einen oder anderen Versicherungsfall (insbesondere bei Verursachung durch verschiedene Geschäftsführer) ein bislang ungelöstes Problem. In Betracht kommen Prioritätsprinzip, Proportionalitätsprinzip entspr. § 109 Satz 1 VVG, entspr. Anwendung der §§ 420 ff. BGB bis hin zu ergänzender Vertragsauslegung.

 

Rz. 493

Dieses Problem kann nennenswert noch dadurch verschärft werden, wenn die mitunter hohen Kosten für die Abwehr der Schadensersatzansprüche Dritter auf die Versicherungssumme angerechnet werden, was nach den AVB standardmäßig der Fall ist, obwohl eine solche Anrechnungsklausel gegen das Leitbild des § 101 Abs. 2 Satz 1 VVG verstoßen dürfte und daher i.S.d § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen sein dürfte.[969]

 

Hinweis

Der Interessenkonflikt zwischen der Gesellschaft an einer Freistellung vom Schaden und des Geschäftsführers an einer vorrangigen Abwehr der Schadensersatzansprüche Dritter wird i.d.R. durch das der Versicherung zustehende Wahlrecht gelöst. Wählt die Versicherung Abwehr, kann sie sich u.U. in Widerspruch zu den Interessen der Gesellschaft stellen.

 

Rz. 494

Der Versicherungsschutz sollte auch die Rechtsverteidigungskosten bei Vorsatzvorwurf, ggf. auflösend bedingt, umfassen,[970] da und soweit die strafrechtlichen Vorwürfe und vom Versicherungsschutz umfassten zivilrechtlichen (Organ-)Haftungsansprüche oft eng verbunden sind.[971]

Die Bedingungen dürfen keine Eigenschadenklausel enthalten, wenn der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter ist.[972]

 

Hinweis zu insolvenznahen Haftungsgefahren, insbesondere § 15b InsO (früher § 64 GmbHG a.F. und Parallelvorschriften)

Streitig war, ob eine D&O-Versicherung ohne ausdrückliche Regelung, also nur auf der Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und leitenden Angestellten (ULLA), den Organen Versicherungsschutz wegen verbotener Zahlungen nach Insolvenzreife (Haftungstatbestände etwa der § 64 Satz 1 u. 2 GmbHG, §§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, 130a Abs. 1 u. 2, § 177a HGB jeweils a.F., heute § 15b InsO) gewährt. Nach der Rspr. des BGH handelt es sich um Ansprüche sui generis, die zwar der Gesellschaft den Ersatzanspruch gegen den Geschäftsleiter geben, endgültig aber nicht den Schutz des Gesellschaftsvermögens, sondern den der Gläubiger bezwecken. Davon ausgehend sind in unveröffentlichten Entscheidungen das OLG Celle (summarische Prüfung im Rahmen einer Entscheidung nach § 91a ZPO) und das OLG Frankfurt/Main davon ausgegangen, dass für diese Schäden in der D&O-Versicherung kein Versicherungsschutz bestehe, da es sich im Ergebnis nicht um Schäden der Gesellschaft sondern der Gläubigergesamtheit handele; der Anspruch aus § 64 Satz 1 GmbHG sei kein vom Versicherungsvertrag erfasster Haftpflichtanspruch.[973] Dieser Auffassung hat sich das OLG Düsseldorf mit der ausführlichen Begründung angeschlossen, bei dem Anspruch nach § 64 Satz 1 GmbHG handele es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch, der Schutzzweck sei nicht das Vermögen der Gesellschaft sondern der Erhalt der Insolvenzmasse zur Befriedigung der Gläubiger und der Anspruch entstehe unabhängig davon, ob der Gesellschaft überhaupt ein Schaden entstanden sei.[974] Es bestand also die große Gefahr, dass die D&O-Versicherung mit den regelmäßigen Versicherungsbedingungen den Schutz insoweit verweigern kann. Daher war anzuraten, die bestehenden Versicherungsverträge um den Einschluss von Ansprüchen nach § 64 GmbHG zu ergänzen.

Nun hat der BGH anders entschieden: Der in § 64 Satz...

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