Rz. 852
Weil einerseits die übertragende Sanierung des Unternehmens im Wege des Asset-Deal aus der Insolvenz nicht immer möglich ist (etwa weil zur Fortführung nicht übertragbare Gegenstände, z.B. Vertragsverhältnisse, erforderlich sind) und weil der Eingriff in die Rechte der Anteilsinhaber mit den beschriebenen gesellschaftsrechtlichen Unwägbarkeiten und damit einhergehend mit Verzögerungen beim Wirksamwerden des Insolvenzplans verbunden sein kann (Rechtsbehelfsmöglichkeiten dissentierender Gesellschafter nach §§ 251, 253 InsO), könnte sich evtl. als "Königsweg" die Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG mit der partiellen Gesamtrechtsnachfolge anbieten. Der Insolvenzverwalter könnte eine neue Gesellschaft gründen und auf diese alle diejenigen Teile der insolventen Gesellschaft ausgliedern, die der Erwerber zur Fortführung des Unternehmens erwerben möchte, und sodann die Geschäftsanteile an der Ausgliederungsgesellschaft veräußern. Ob eine solche Ausgliederung aus der insolventen Gesellschaft nach § 123 Abs. 3 UmwG, etwa anstelle eines asset-deals in Betracht gezogen werden kann, ist leider, so weit ersichtlich, noch nicht abschließend geklärt und richtet sich in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen nach der Beantwortung der folgenden Rechtsfragen:
(1) Nach § 3 Abs. 3 UmwG muss allein die in § 225a Abs. 3 InsO vorgesehene Möglichkeit der Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft ausreichen und es darf nicht darauf ankommen, dass die Fortsetzung des übertragenden Rechtsträgers auch tatsächlich beschlossen wird. Vielmehr muss es erlaubt sein, dass der übertragende Rechtsträger in der Liquidation durch das Insolvenzverfahren zurückbleibt.
(2) § 140 UmwG darf nicht anwendbar sein bzw. nicht entgegenstehen (insbesondere relevant für Abspaltungen oder Ausgliederungen). Dies ist nicht der Fall, wenn der Auffassung der einschränkenden Auslegung wegen bloßen Aktivtauschs (ausgegliedertes Vermögen gegen Anteile am übernehmenden Rechtsträger) gefolgt werden kann. Dann müsse die Erklärung ausreichen, dass die Unterbilanz jedenfalls nicht vertieft wird. U.U. ist die Erklärung, das Stammkapital der ausgliedernden Gesellschaft sei gedeckt, auch deshalb nicht erforderlich, weil der übertragende Rechtsträger im Insolvenzverfahren abgewickelt wird und Gläubigerinteressen durch die Ausgliederung gerade gewahrt werden. Das AG Norderstedt hat entschieden, dass das Ausgliederungsverbot des § 152 Satz 2 UmwG der Ausgliederung des Unternehmens durch Insolvenzplan in der Insolvenz des Einzelkaufmanns nicht entgegensteht, da der Schutzzweck des Ausgliederungsverbots im Insolvenzplanverfahren nicht gelte, weil die Insolvenz ja gerade aufgedeckt bzw. offengelegt ist. Schließlich könnte eine Gestaltung erwogen werden, dass nach den Planregelungen (insbesondere Teilverzichte der Gläubiger) ein Netto-Reinvermögen der insolventen Gesellschaft in Höhe des gesetzlichen Mindestkapitals verbleibt.
(3) § 133 UmwG einschl. §§ 22, 23 UmwG (Haftung aller beteiligter Rechtsträger für die Schulden des übertragenden Rechtsträgers) dürfen nicht anwendbar sein. Für die Unanwendbarkeit der §§ 133 u. 23 UmwG lässt sich mit der inzwischen h.M. dieselbe Begründung anführen, mit der die Rspr. auch die Unanwendbarkeit des § 25 HGB bei Firmenfortführung nach Erwerb eines Handelsgeschäfts aus der Insolvenz begründet. Auch lässt sich m.E. der Rechtsgedanke aus § 75 Abs. 2 AO heranziehen: der Schutz der Gläubiger des insolventen Rechtsträgers ist nicht tangiert, weil für die Ausgliederung eine entsprechende Gegenleistung in die Insolvenzmasse fließt.
Dasselbe müsste dann auch für die anschließende Veräußerung der Geschäftsanteile am empfangenden Rechtsträger durch den Insolvenzverwalter gelten. Darauf hinzuweisen ist aber, dass für die vorstehende Frage mangels Rspr. noch keine Sicherheit besteht. Ob ein Ausschluss der Haftung nach § 133 UmwG durch entsprechende Planregelung vereinbart werden kann, ist streitig. Aus Vorsichtsgründen sollte eine solche Regelung in den Plan aufgenommen werden. Für ihre Wirksamkeit könnte sprechen, dass die Haftung individualvertraglich abbedungen werden kann.
Der Gläubigerschutz nach § 22 UmwG, sollte er bestehen bleiben, dürfte nicht hinderlich sein. Zur Geltendmachung des Sicherungsverlangens müssen die Gläubiger aber glaubhaft machen, dass ihre vor der Umwandlung bestehenden Forderungen durch die Umwandlung gefährdet werden.
(4) Die Ausgliederung ist nicht steuerneutral nach § 20 UmwStG möglich. Zu prüfen bleibt also die Steuerbelastung unter Berücksichtigung von evtl. Verlustvorträgen. Die Rechtsunsicherheiten bei der Besteuerung von Sanierungsgewinnen dürften hier nicht entstehen, weil Forderungsverzichte vermieden werden. Die evtl. Aufdeckung stiller Reserven hätte die im Regelinsolvenzverfahren abzuwickelnde Restgesellschaft zu versteuern.
(5) Die von der Rspr. vorgenommenen teleologischen Reduktionen, d.h. Einschränkung der Haftungen nach §§ 25, 26, 28 HGB und § 613a BGB und die Haftu...