Rz. 711
Die Inanspruchnahme des Geschäftsführers erfolgt durch Haftungsbescheid des Finanzamtes. Die Sperrwirkung des § 93 InsO hindert das FA nicht an der Inanspruchnahme des Geschäftsführers mit gesondertem Haftungsbescheid. Die Sperrwirkung des § 93 InsO hindert das FA auch nicht an der Inanspruchnahme des persönlich haftenden Gesellschafters mit gesondertem Haftungsbescheid nach §§ 34, 69 AO.
Rz. 712
Voraussetzung für die Haftung des Geschäftsführers ist stets, dass die Pflichtverletzung ursächlich für den Steuerausfall ist. Bei insolvenzrechtlicher Begründung einer Haftungsforderung ist Voraussetzung für die Haftung, dass die maßgebliche Handlung oder Unterlassung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangen wurde.
Rz. 713
Im Haftungsverfahren kann der Geschäftsführer keine Einwendungen mehr gegen die Begründetheit der Steuerforderungen geltend machen, wenn die Festsetzung nach den Regelungen der AO unanfechtbar geworden ist, § 166 AO. Das gilt auch für Schätzungsbescheide, wenn die Forderung gem. Schätzungsbescheid in der Insolvenztabelle eingetragen und im Prüfungstermin kein Widerspruch erhoben wurde. Dem Geschäftsführer ist also zu raten, gegen die Festsetzung der Steuerforderung auch bei absehbarer Insolvenz der die Steuer schuldenden Gesellschaft vorzugehen.
Hat der Geschäftsführer Namens der GmbH aber die Änderung eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Steuerbescheids beantragt, ist er im Verfahren über seine Haftung nach §§ 34, 69 AO nicht mit Einwendungen gegen die Richtigkeit der Steuerfestsetzung ausgeschlossen, solange der Vorbehalt wirksam ist.
Der Geschäftsführer ist im Haftungsverfahren nach § 166 AO mit Einwendungen gegen die Steuerforderung selbst dann ausgeschlossen, wenn die Steuerforderung zur Insolvenztabelle widerspruchslos festgestellt ist, etwa wenn der Geschäftsführer der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber unterlassen hat, weil er im Prüfungstermin nicht anwesend war und deshalb gegen die Steuerforderung keinen Widerspruch erhoben hat, so dass die Forderung zur Tabelle festgestellt worden ist. Der Tabelleneintrag entfaltet auch im Haftungsverfahren Bindungswirkung nach § 178 Abs. 3 InsO und ersetzt den Steuerbescheid. Das gilt auch für Schätzungsbescheide, wenn die Forderung gem. Schätzungsbescheid in der Insolvenztabelle eingetragen und im Prüfungstermin kein Widerspruch erhoben wurde. Gegen diesen Einwendungsausschluss sprechen nach Auffassung des BFH auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Hinweis
Der Geschäftsführer muss also darauf achten, dass entweder der Insolvenzverwalter gegen den gegen die Gesellschaft gerichteten Steuerbescheid Einspruch einlegt oder die Forderung nicht zur Tabelle feststellt; tut der Insolvenzverwalter das nicht, so muss der Geschäftsführer selbst die entsprechenden Schritte einleiten: Rechtsbehelf gegen den Steuerbescheid bzw. Widerspruch gegen die Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren.
Der Widerspruch des Schuldners ist zwar in der Tabelle einzutragen (§ 178 Abs. 2 Satz 2 InsO), steht der Feststellung der Forderung zur Tabelle jedoch nicht entgegen, (§ 178 Abs. 1 Satz 1 InsO). Wenn weder der Insolvenzverwalter noch ein Gläubiger noch der Schuldner der Feststellung einer Umsatzsteuerforderung zur Insolvenztabelle widersprochen haben, ist die Feststellung zur Tabelle, die als Steuerfestsetzung wirkt, mit einem förmlichen Rechtsbehelf (Einspruch, Klage, Nichtzulassungsbeschwerde, Revision) nicht mehr anfechtbar.