Rz. 98
Zu Sanierungszwecken kommt als Kapitalmaßnahme auch ein sog. Kapitalschnitt in Betracht. Dieser ist die Kombination von vereinfachter Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung und hat die Funktion, die Nominalwerte der Kapitalbeteiligungen der Altgesellschafter den (gesunkenen) realen Werten ihrer Beteiligung anzupassen und so die (Nominal-)Wertverhältnisse der Beteiligungen insbesondere gegenüber dem Sanierungsinvestor, der reale Werte einbringt, zutreffend darzustellen. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung (ohne Einhaltung des Sperrjahres nach § 58 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) ist nach den durch Art. 48 EGInsO in das GmbHG eingefügten §§ 58a–58f GmbHG auch bei der GmbH möglich. Sie darf nur zur Verlustdeckung durchgeführt werden (§§ 58a Abs. 1 und 2, 58b Abs. 1, 58c GmbHG). In dem Beschluss muss in entsprechender Anwendung des § 229 Abs. 1 Satz 1 AktG der Zweck der Kapitalherabsetzung abgegeben werden. Außerdem muss der Kapitalherabsetzungsbeschluss wirksam, d.h. eindeutig und aus sich selbst heraus verständlich bekannt gemacht sein.
Für in die Kapitalrücklage eingestellte Beträge besteht eine 5-jährige Ausschüttungssperre (§ 58b Abs. 3 GmbHG); künftige Gewinne dürfen nur in begrenztem Umfang ausgeschüttet werden (§ 58d GmbHG). Für die vereinfachte Kapitalherabsetzung sind Gläubigeraufruf und Einhaltung des Sperrjahres (§ 58 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) nicht erforderlich.
Rz. 99
Im Rahmen der vereinfachten Kapitalherabsetzung kann das Stammkapital auch unter das gesetzliche Mindeststammkapital i.H.v. 25.000 EUR oder sogar auf Null festgesetzt werden, wenn im Rahmen der gleichzeitig zu beschließenden Kapitalerhöhung das Stammkapital wieder mindestens auf das gesetzliche Mindestkapital (§ 5 Abs. 1 GmbHG) festgesetzt wird (§ 58a Abs. 4 GmbHG). Für diese gleichzeitige Kapitalerhöhung sind Sacheinlagen nach § 58a Abs. 4 Satz 1 GmbHG verboten. Auf dieses Verbot ist § 19 Abs. 4 GmbHG (verdeckte Sacheinlage) nicht anwendbar.
Rz. 100
Bei einer Kapitalherabsetzung auf Null erlöschen Pfandrechte an den Geschäftsanteilen, wenn anschließend eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln durchgeführt wird. Auch hindert das Bestehen von solchen Pfandrechten die Kapitalherabsetzung auf Null nicht, weil die Gesellschafter bei ihrer Entscheidung die Interessen der Gesellschaft und nicht der Gläubiger eines Gesellschafters zu berücksichtigen haben. Das Pfandrecht setzt sich auch nicht analog § 1287 BGB an den neuen Geschäftsanteilen fort, und das Bezugsrecht auf die neuen Geschäftsanteile ist keine Nutzung i.S.d. § 100 BGB und unterfällt daher nicht dem Nutzungspfandrecht nach § 1213 Abs. 1 BGB.