Rz. 495
In der Praxis wird sich anbieten, den Freistellungsanspruch des versicherten Geschäftsführers gegen die D&O-Versicherung an die geschädigte Gesellschaft abzutreten, damit nicht zunächst die Gesellschaft gegen den noch amtierenden Geschäftsführer vorgehen muss. Geschieht dies, kann die Versicherung daraus nicht den Schluss ziehen, die geschädigte Gesellschaft beabsichtige nicht, den Geschäftsführer als Schädiger in Anspruch zu nehmen, weshalb die Inanspruchnahme nicht ernstlich sei. Mit dieser Begründung kann die Versicherung eine bedingungsgemäße Inanspruchnahme des Versicherten i.S.d. claims-made-Prinzips nicht verneinen. Auch auf eine Versicherungsklausel, nach der der Versicherungsschutz nur durch die versicherten Personen geltend gemacht werden kann, kann sich die Versicherung nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn sie den Deckungsanspruch abgelehnt hat, die versicherten Personen keinen Anspruch geltend machen und schützenswerte Interessen der Versicherung einer Geltendmachung durch die Gesellschaft als Versicherungsnehmer nicht entgegenstehen.
Die direkte Inanspruchnahme des Versicherers durch die geschädigte Gesellschaft nach Abtretung des Freistellungsanspruchs durch den Geschäftsführer setzt nicht den Willen der geschädigten Gesellschaft voraus, den Geschäftsführer als Schädiger ernstlich in Anspruch zu nehmen. Selbst eine Abtretung des Freistellungsanspruchs an Erfüllungs statt, die ein Erlöschen des Haftungsanspruchs gegen den Geschäftsführer zur Folge hat, hat nicht ein Erlöschen des Deckungsanspruchs und damit die Leistungsfreiheit der Versicherung zur Folge. Die Beweislastumkehr nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG (ggf. analog) ist auch bei der Inanspruchnahme der Versicherung aus abgetretenem Recht anzuwenden.