Rz. 555
Nach § 89 Abs. 3 Satz 1 StaRUG gelten während der Rechtshängigkeit des gerichtlichen Restrukturierungsverfahrens nach Anzeige der Insolvenzreife an das Restrukturierungsgericht bis zur Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StaRUG alle Zahlungen im ordnungsgemäßen Geschäftsgang, insbesondere Zahlungen, die für die Fortführung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und die Vorbereitung und Umsetzung des angezeigten Restrukturierungsvorhabens erforderlich sind, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar.
Rz. 556
Von dieser begrüßenswerten Haftungsentlastung mach das Gesetz aber eine missglückte, den Geschäftsführer vor sehr schwierige, in der Praxis kaum lösbare Abwägungsfragen stellende Rückausnahme in § 89 Abs. 3 Satz 2 StaRUG: danach sind solche Zahlungen nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar, die bis zu der absehbar zu erwartenden Entscheidung des Restrukturierungsgerichts über Aufhebung oder Fortsetzung der Restrukturierungssache zurückgehalten werden können, ohne dass damit Nachteile für eine Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens verbunden sind. Diese Rückausnahme ist nach meinem Dafürhalten für den Geschäftsführer in der Praxis kaum rechtssicher umsetzbar; ebenso wird der Berater vor eine kaum lösbare Aufgabe gestellt: bis zu welcher Höhe können etwa (Teil-)Zahlungen unterlassen bzw. zurückgehalten werden, ohne den Erfolg der Restrukturierungssache z.B. durch Vertragskündigungen des Gläubigers zu gefährden? M.E. wäre diese Rückausnahme mit ihrer Haftungsverschärfung für den Geschäftsführer entbehrlich gewesen. Es bleibt zu hoffen, dass die Rspr. dies erkennt und von der Rückausnahme allenfalls sehr restriktiven Gebrauch macht.
Rz. 557
Nach § 32 Abs. 1 Satz 3 StaRUG sind Zahlungen auf solche Forderungen als "in der Regel" mit dem Restrukturierungsziel unvereinbar und können nach § 43 Abs. 1 Satz 2 StaRUG zu persönlicher Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers führen, die im Restrukturierungsplan gestaltet werden können. Da nach §§ 2 u. 3 StaRUG die allermeisten Forderungen im Restrukturierungsplan gestaltbar sind (Ausnahmen finden sich nur in §§ 3 Abs. 2, 4 StaRUG für die dort genannten Forderungen), erzeugt diese Pflichtenregelung für die Geschäftsführer, auf deren Organpflichten die vorstehenden Pflichten der Schuldnerin (der Gesellschaft) nach der gesellschaftsinternen Legalitätspflicht überwirken, die Notwendigkeit, frühzeitig den Restrukturierungsplan mit der Festlegung der zu gestaltenden Forderungen aufzustellen und sich mit dem Zahlungsverhalten danach zu richten.