(1) Insolvenz der abhängigen Gesellschaft
Rz. 451
Schließt man sich der herrschenden Auffassung an, nach der mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Gewinnabführungsvertrag endet, so ist auf diesen Zeitpunkt eine Abschichtungsbilanz zu erstellen. Das gewinnabführungsberechtigte Unternehmen ist verpflichtet, den bis zu dem Stichtag des Rumpfgeschäftsjahres entstandenen Verlust auszugleichen. Der Insolvenzverwalter hat den Anspruch nach § 302 AktG. Fraglich ist noch der Umfang des Verlustausgleichsanspruchs, ob also die insolvenzbedingten Liquidationsverluste und die Verfahrenskosten und solche Verluste einzubeziehen sind, die unabhängig vom Betrieb des Konzerns entstehen.
Rz. 452
Da die Inanspruchnahme der herrschenden Gesellschaft feststeht, macht eine Sicherheitsleistung nach § 303 Abs. 1 AktG zugunsten der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft wenig Sinn. Nach h.M. wandelt sich der Sicherheitsanspruch der Gläubiger vielmehr in einen Ausgleichsanspruch gegen das herrschende Unternehmen, der von den Gläubigern unmittelbar geltend gemacht werden kann. Nach der vorzugswürdigen Gegenansicht ist dieser Anspruch entsprechend § 171 Abs. 2 HGB oder § 93 InsO durch den Insolvenzverwalter geltend zu machen und nicht durch jeden einzelnen zu sichernden Gläubiger. Für diese Auffassung spricht m.E. die Regelung in § 309 Abs. 4 Satz 5 AktG. Vor allem aber ist nur so der Wettlauf der Gläubiger zu verhindern und der Gefahr zu begegnen, dass das Insolvenzverfahren ausgehöhlt und die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger gefährdet wird. In diese Richtung kann auch die Entscheidung des BGH für den Fall des Gläubigerschutzes durch Mithaftung der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger nach § 133 UmwG zu verstehen sein: hier hat der BGH entschieden, dass der Insolvenzverwalter zur Geltendmachung des Haftungsanspruchs nach § 133 UmwG nicht berechtigt ist und zur Begründung ausgeführt, dass die Anwendung des § 93 InsO eine Haftung des Anspruchsgegners gegenüber allen Gläubigern des Schuldners erfordert, was bei § 133 UmwG nicht der Fall ist (Haftung nur gegenüber den Gläubigern des übertragenden Rechtsträgers). Die Haftung nach § 303 AktG besteht aber gerade gegenüber allen Gläubigern der abhängigen Gesellschaft, sofern der EAV wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der abhängigen Gesellschaft beendet wurde.
(2) Insolvenz der herrschenden Gesellschaft
Rz. 453
In der Insolvenz des herrschenden Unternehmens ist der Verlustausgleichsanspruch des abhängigen Unternehmens eine Insolvenzforderung. Selbstverständlich kann auch hier nur der bis zur Vertragsbeendigung entstandene Fehlbetrag geltend gemacht werden.