Rz. 375

Nach alter Rechtslage war es in der Transaktionspraxis vor einer Unternehmensveräußerung im Wege der Abtretung der Geschäftsanteile (etwa einer GmbH) üblich, dass die Gesellschaft dem Veräußerer das Darlehen zurückzahlte und der Erwerber nach Erwerb die Gesellschaft wieder mit Darlehen gem. eigener Unternehmensplanung ausstattete. Diese Praxis ist aus der Sicht des Unternehmensveräußerers nicht mehr zu empfehlen, denn er wäre nach §§ 135 Abs. 1 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO zur Rückzahlung der Darlehenstilgung verpflichtet, wenn binnen Jahresfrist nach der Veräußerung (und der Darlehenstilgung) über das Vermögen der Gesellschaft ein zur Verfahrenseröffnung führender Insolvenzantrag gestellt würde; der Veräußerer begibt sich u.U. in die Hand des Erwerbers.

 

Rz. 376

Zur Vermeidung dieser Gefahr kann m.E. empfohlen werden, zusammen mit dem Geschäftsanteil auch den Darlehensrückzahlungsanspruch abzutreten. Dies dürfte wegen der Gleichzeitigkeit der Abtretungen die Finanzierungsfolgeverantwortung des Gesellschafters unberührt lassen und somit nicht anfechtbar sein.[725] Ganz sicher ist dieser Rat jedoch nicht, weil abschließende Rspr. hierzu noch nicht vorliegt und nach der bisherigen Rspr. des BGH das Risiko der Insolvenzanfechtung den Veräußerer auch (noch) treffen kann, wenn das abgetretene Darlehen anschließend an den Anteilserwerber zurückgezahlt wird. Denkbar wäre auch, die Darlehensansprüche vor Veräußerung des Unternehmens in Eigenkapital umzuwandeln (sog. Debt-Equity-Swap). Hier sollten evtl. steuerrechtliche Risiken beurteilt werden. Nicht zu verkennen ist außerdem, dass durch die zusätzliche Abtretung des Darlehensanspruchs die Transaktionskosten erhöht werden.

 

Rz. 377

Zur Sicherheit für den Veräußerer sind in der Lit. verschiedene Vorschläge erarbeitet worden: Durch spezielle Regelungen im Unternehmenskaufvertrag Vorsorge treffen, dass das Darlehen nicht im anfechtungsrelevanten Zeitraum von der Gesellschaft zurückgezahlt wird. In Betracht kommen hier aufschiebend bedingte Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruchs oder Übertragung des Anspruchs auf einen Treuhänder oder Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruchs an den Unternehmenserwerber und Auszahlung des Darlehens auf ein Treuhandkonto, das erst nach Ablauf der Jahresfrist an den Erwerber ausgezahlt werden kann.[726] Evtl. sollten spezielle Ausgleichsregelungen im Unternehmenskaufvertrag für den Fall einer insolvenzanfechtungsweisen Inanspruchnahme des Unternehmensveräußerers vereinbart werden, etwa eine Freistellung durch den Erwerber mit Besicherung des Freistellungsanspruchs.

[725] So auch Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898 ff.; Reul/Heckschen/Wienberg/Heckschen, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, S. 656, Rn 7; Primozic, NJW 2016, 679 ff.
[726] Zu den Gestaltungsmöglichkeiten s. Heckschen/Kreußlein, RNotZ 2016, 351 ff.

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