Rz. 830
Formal sind die Altgesellschafter Eingriffen in ihre Rechte nicht schutzlos ausgesetzt. Zum einen können sie im Rahmen des Planverfahrens mitentscheiden. Zum anderen greift für überstimmte Anteilseigner der Minderheitenschutz ein, wenn sie zu Recht geltend machen können, durch den Insolvenzplan, ausnahmsweise schlechter gestellt zu werden, als durch eine Insolvenzabwicklung ohne Insolvenzplan. Solch ein Fall dürfte jedoch kaum je vorkommen, weil regelmäßig in Insolvenzverfahren an die Gesellschafter auszukehrende Liquidationsüberschüsse nach § 199 Satz 2 InsO nicht erzielt werden.
Rz. 831
Diese Regelungen zeigen, dass der Schutz der Anteilsinhaber im Insolvenzverfahren nur bezogen auf den Wert seiner Beteiligung (s.a. §§ 225a Abs. 5 Satz 1, 245 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 InsO) ausgestaltet ist. Weil regelmäßig in Regelinsolvenz(abwicklungs)verfahren an die Gesellschafter auszukehrende Liquidationsüberschüsse nach § 199 Satz 2 InsO nicht erzielt werden, dürfte dieser Schutz in den allermeisten Fällen leerlaufen.
Folgerichtig ist die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende Gesellschafter nach § 225a Abs. 2 Satz 3 InsO nur fakultativ ausgestaltet. Für die Fälle des Ausscheidens der Altgesellschafter durch im Plan geregelte gesellschaftsrechtliche Maßnahmen geht die gesetzliche Regelung davon aus, dass die Altgesellschafter zum Zerschlagungswert (Wertung des § 225a Abs. 5 InsO) ausscheiden, also regelmäßig eine Abfindung nicht erhalten, weil im Zerschlagungsfall ein Liquidationsüberschuss, der nach § 199 Satz 2 InsO auszukehren wäre, nicht erzielt würde. Die Teilnahme der Altgesellschafter an einem evtl. Fortführungswert der Gesellschaft ist in der InsO nicht vorgesehen.
Rz. 832
Diese formale Sicht reicht u.U. nicht aus. Den Entscheidungen des BGH in den Fällen "Girmes" und "Sanieren oder Ausscheiden" lässt sich evtl. der Grundsatz entnehmen, dass ein Gesellschafter bei der Sanierung mitwirken kann oder unter Abrechnung nach Zerschlagungswerten auszuscheiden hat. Dies ergibt sich so auch aus § 225a Abs. 5 InsO, für den Fall, dass der Gesellschafter von seinem Austrittsrecht Gebrauch macht. Was aber gilt, wenn ein Gesellschafter nicht aus der Gesellschaft austreten, sondern sich an der Sanierung beteiligen möchte?
Rz. 833
Auch unter diesem Gesichtspunkt wird die Vereinbarkeit der Eingriffe in die Gesellschafterrechte mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG diskutiert; z.T. werden die Regelungen wegen Verstößen gegen die Grundrechte aus Art. 9 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG für verfassungswidrig gehalten, soweit sie über das Insolvenzplanverfahren Strukturmaßnahmen wie Umwandlungen oder Kapitalerhöhungen ohne oder gar gegen den Willen der Gesellschafter zulassen. Außerdem ermöglicht die Regelung sogenannte feindliche Übernahmen.