Rz. 758
Die InsO enthält nur sehr wenige spezielle Regelungen für Gesellschaftsinsolvenzen, etwa die durch das ESUG eingefügten Regelungen zum Einbezug der Gesellschafter in das Insolvenzplanverfahren über das Vermögen der Gesellschaft, §§ 217 Satz 2, 225a u.a. InsO. In § 11 InsO ist die Insolvenzfähigkeit von Gesellschaften, also die Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen geregelt. § 11 Abs. 1 InsO nennt natürliche und juristische Personen als insolvenzverfahrensfähig, § 11 Abs. 2 InsO die dort aufgeführten Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit. Über das Vermögen einer stillen Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB) als reiner Innengesellschaft kann ein Insolvenzverfahren nicht eröffnet werden.
Rz. 759
Zu den Kapitalgesellschaften bzw. juristischen Personen, über deren Vermögen nach § 11 Abs. 1 InsO die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässig ist, gehören die GmbH (§ 13 GmbHG), die AG (§ 1 AktG), die KGaA (§ 278 AktG), die eG (§ 17 GenG), Vereine (§§ 21 und 22 BGB) und die Stiftung (§ 80 BGB). Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 InsO wird der nicht rechtsfähige Verein einer juristischen Person gleichgestellt. Auch die Vor-GmbH (Stadium zwischen Beurkundung der Satzung und Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister) ist liquidations- und insolvenzverfahrensfähig. Schließlich ist auch eine in Vollzug gesetzte fehlerhafte Gesellschaft hinsichtlich des von ihr gebildeten Gesellschaftsvermögens insolvenzfähig i.S.d. § 11 Abs. 1, 2 Nr. 1 InsO.
Rz. 760
Eine insolvenzreife GmbH hat keine Existenzberechtigung, da eine solche von der Rechtsordnung nur anerkannt wird, wenn die GmbH ihre Ziele aus eigener Kraft erreichen kann. Deshalb kann eine einstweilige Leistungsverfügung auf Zahlung zur Abwendung einer Insolvenz nicht ergehen.
Rz. 761
In der Praxis der Unternehmensinsolvenzen haben die Insolvenz der GmbH (einschl. UG [haftungsbeschränkt]) und der GmbH & Co KG eine große Bedeutung. Seit Jahren entfallen etwa die Hälfte der Unternehmensinsolvenzen auf diese Rechtsformen.
I. Einfluss der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf die Gesellschaft
1. Auflösung der Gesellschaft
Rz. 762
Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen besteht die Gesellschaft als solche weiter; sie ist weiterhin Trägerin von Rechten und Pflichten.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft ist allerdings regelmäßig ein Auflösungsgrund (etwa §§ 728 Abs. 1 Satz 1 BGB, 131 Abs. 1 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB, 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG).
Geraten beide Mitglieder einer ARGE in Insolvenz, so wächst das der ARGE zustehende gemeinsame Vermögen der Gesellschaft zu, die erst als zweite insolvent wird. Einer Freigabeerklärung des ersten insolventen Partners bedarf es nicht.
Rz. 763
Die Gesellschafter können nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Fortsetzung der Gesellschaft nicht beschließen. Diese Möglichkeit besteht nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen, etwa nach §§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG, wenn das Insolvenzverfahren eingestellt wird (§ 212 InsO) oder ein Insolvenzplan gerichtlich bestätigt (§ 248 InsO) und das Insolvenzverfahren anschließend aufgehoben wurde (§§ 258, 259 InsO). Aus Gläubigerschutzgründen kann die Fortsetzung der Gesellschaft nicht aus anderen Gründen beschlossen werden, auch nicht, wenn im Insolvenzverfahren alle Gläubiger befriedigt wurden und nach der Schlussverteilung noch weiteres Vermögen, etwa in Höhe des Stammkapitals vorhanden ist, da die genannten Fortsetzungsmöglichkeiten abschließend sind. Für eine Fortsetzung nach Bestätigung eines die Fortsetzung vorsehenden Insolvenzplans ist es ausreichend, dass der Insolvenzplan lediglich die Möglichkeit der Fortsetzung der Gesellschaft vorsieht, der Fortsetzungsbeschluss aber im Planverfahren noch nicht gefasst wurde, sondern erst nach gerichtlicher Bestätigung des Insolvenzplans und gerichtlicher Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch die Gesellschafter gefasst wird. Ein solcher Fortsetzungsbeschluss setzt allerdings voraus, dass mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens unter die Gesellschafter noch nicht begonnen wurde.
Zeichnet sich eine Vollbefriedigung ab, kann der Schuldner allenfalls vor Beendigung des Insolvenzverfahrens dessen Einstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes nach § 212 InsO beantragen.
Rz. 764
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nach Schlussverteilung werden AG, GmbH, KGaA von Amts wegen gelöscht, § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Für OHG und KG ist das Erlöschen durch die Geschäftsführer zum Handelsregister anzumelden (h.M.), § 157 HGB. Die Gesellschafter können die Gesellschaft (GmbH) nach der Schlussverteilung nicht durch Beschluss fortsetzen (s.o. Rdn 763). Dies gilt auch dann, wenn im Insolvenzverfahren alle Gläubiger befriedigt wurden und sogar noch ein Liquidationsüberschuss in Höhe...