1. Betrug (§ 263 StGB)
Rz. 216
In der Krise des Unternehmens besteht die Gefahr des Eingehungsbetruges gegenüber Lieferanten und Leistungserbringern, die vor Insolvenz unter zumindest billigender Inkaufnahme, dass die Gegenleistung nicht mehr erbracht werden kann, noch zur Vorleistung veranlasst werden. Wird die Lieferung oder Leistung etwa vom Geschäftsführer einer GmbH angenommen, das Entgelt nicht bezahlt und sodann Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt, kommt es häufig zur Strafanzeige wegen Betrugsverdachts durch den Lieferanten bzw. Leistungserbringer, der auf diese Weise das Ziel verfolgt, den Geschäftsführer der GmbH persönlich auf Schadensersatz wegen seines ausfallenden Entgelts in Anspruch zu nehmen (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB). Die Tathandlung ist die täuschungsbedingte Erregung eines Irrtums des Geschädigten über die Leistungswilligkeit des Täters. Der Schaden ist dann regelmäßig die nicht erhaltene, vereinbarte Gegenleistung. Alle objektiven Tatbestandsmerkmale des § 263 Abs. 1 StGB müssen vom Vorsatz des Täters in seinen kognitiven und voluntativen Bestandteilen erfasst sein.
Zur Vorbeugung kann ein Liquiditätsplan zu empfehlen sein, der zeigt, dass bei plangemäßem Verlauf die Rechnung des vorleistenden Gläubigers bezahlbar gewesen wäre.
2. Kreditbetrug (§ 265b StGB)
Rz. 217
Die Gefahr eines Kreditbetruges besteht, wenn mit unrichtigen Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens eine Kreditgewährung durch Banken erreicht wird. Für den Straftatbestand ist der Eintritt eines Schadens nicht erforderlich, da es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt. Auch § 265b StGB ist ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB, sodass die Handelnden, etwa die Geschäftsführer einer GmbH, persönlich auf Schadensersatz, in Anspruch genommen werden können. Die Teilnahme am Kreditbetrug (bei Insolvenzreife) ist bis zur Erbringung der letzten Leistung möglich; wann das ist, hängt von der Art des beantragten Kredits ab.
Die Vorschrift erfasst auch Straftaten zu Lasten ausländischer Kreditgeber, und auch Genussrechtskapital kann die Voraussetzungen eines Kredits i.S.d. § 265b Abs. 1 StGB erfüllen.
Rz. 218
In diesem Zusammenhang ist auch der Subventionsbetrug nach § 264 StGB zu nennen.
3. Untreue (§ 266 StGB)
Rz. 219
Generell setzt der Untreuetatbestand eine schuldrechtliche Vermögensbetreuungspflicht voraus, die über die jedermann obliegenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre des jeweils Anderen hinausgehen.
Die Gefahr der Begehung einer Untreue besteht in der Krise der GmbH in mehreren Konstellationen:
a) Geschäftsführer
aa) Abgrenzung zu Bankrott
Rz. 220
Nach der früher vom BGH vertretenen Interessentheorie lag bei eigennützigem Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen Untreue nach § 266 StGB vor, bei Handeln im Interesse der Gesellschaft dagegen u.U. Bankrott nach § 283 StGB. Der BGH hat diese Interessentheorie jedoch aufgegeben, sodass nun danach zu differenzieren ist, ob der Vertreter (Geschäftsführer) im Geschäftskreis des Vertretenen tätig geworden ist: bejahendenfalls liegt Bankrott auch bei Eigennützigkeit vor.
Grds. besteht keine Vermögensbetreuungspflicht des Schuldners gegenüber seinen Gläubigern (hier für nach Kaufpreisvereinnahmung auszukehrende Provision) mit der Folge, dass auch keine Pflicht zur Offenbarung der Insolvenzreife i.S.d. Missbrauchstatbestandes des § 266 StGB besteht.
bb) Einzelfälle und Einzelfragen, Beispiele aus der Rspr.
Rz. 221
Grds. setzten als Untreuehandlungen i.S.d. § 266 StGB des Geschäftsführers zu beurteilende Zahlungen den Eintritt eines Vermögensnachteils/-schadens bei der Gesellschaft voraus.
Rz. 222
Unternehmerisches Handlungsermessen: Die Einhaltung der sog. business judgenment rules i.S.d. § 93 Abs. 1 AktG stellt einen "sicheren Hafen" gegen Untreue dar. Risikogeschäfte sind i.d.R. keine Untreue, solange sie auf sachlicher Abwägung beruhen und ein unternehmensinternes Risikomanagementsystem und -controlling besteht. Das schließt allerdings nicht aus, dass unter besonderen Umständen bereits die Existenzgefährdung der GmbH die Untreuestrafbarkeit des Geschäftsführers begründen kann. Eine schle...