1. Konzerninsolvenz
Rz. 803
Nach deutscher Rechtslage gibt es kein gemeinschaftliches Insolvenzverfahren über mehrere konzernangehörige Gesellschaften. Vielmehr muss für jede Konzerngesellschaft gesondert geprüft werden, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und je ein gesondertes Insolvenzverfahren zu eröffnen ist. Dies folgt der Grundkonzeption des Deutschen Insolvenzrechts: eine Person, ein Vermögen, ein Verfahren (§ 11 InsO).
Für die Schaffung eines nationalen Konzerninsolvenzrechts besteht die Schwierigkeit, die in der Praxis vielgestaltigen wirtschaftlichen Einheiten von Konzernen für die Zwecke eines Insolvenzverfahrens in eine rechtliche Einheit zu überführen.
Rz. 804
Auch das Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen (KIG) verzichtet auf eine Konsolidierung der Vermögensmassen der beteiligten Gesellschaften und setzt auf flexible Koordinierungsmechanismen. Im Wesentlichen ist geregelt:
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Definition der Unternehmensgruppe und einheitlicher Gruppen-Gerichtsstand für das Insolvenzverfahren E mit Verweisungsmöglichkeit, §§ 3a – e InsO, |
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Angaben zu Gruppenzugehörigkeit im Eigeninsolvenzantrag nach § 13a InsO, |
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Abstimmung der angegangenen Insolvenzgerichte über die Bestellung des Insolvenzverwalters nach § 56b InsO, |
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Unterrichtungs- und Zusammenarbeitspflicht der Insolvenzverwalter, § 269a InsO, der Insolvenzgerichte, § 269b InsO und der Gläubigerausschüsse, § 269c InsO, |
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Einführung eines speziellen Koordinationsverfahrens nach § 269d InsO mit einem Koordinationsverwalter nach §§ 269e InsO mit den Aufgaben nach § 269f InsO und der Möglichkeit der Vorlage eines Koordinationsplans nach § 269h InsO. |
2. Insolvenz der GmbH & Co.KG
Rz. 805
Gerät eine GmbH & Co.KG in die Insolvenz, ist kein einheitliches Insolvenzverfahren zu führen, sondern gem. dem Grundsatz in § 11 Abs. 1 InsO ggf. zwei Insolvenzverfahren:
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eins über das Vermögen der KG, |
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eins über das Vermögen der (Komplementär-)GmbH. |
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. die Abweisung des Eröffnungsantrages mangels Masse führt zur Auflösung der Rechtsträger – der KG (ohne natürliche Person als Vollhafter) nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Nr. 1 HGB) und der GmbH nach § 60 Abs. 1 Nrn. 4 u. 5 GmbHG.
a) Insolvenz der Komplementärin
Rz. 806
Das früher (bis zum Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024) in §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB a.F. angeordnete Ausscheiden der insolventen GmbH aus der KG hatte zahlreiche Folgefragen auch und gerade betreffend die persönlichen Haftungsgefahren für die Kommanditisten (meist natürliche Personen) aufgeworfen.
Für den praktisch häufigen Fall, dass die GmbH die einzige persönlich haftende Gesellschafter der KG ist, ist nun im neuen § 179 HGB geregelt, dass die Komplementär-GmbH durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aus der KG nicht ausscheidet, wenn auch über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet ist oder die Voraussetzungen für eine Insolvenzeröffnung vorliegen und der Antrag gestellt ist. Das soll die einheitliche Abwicklung bzw. Sanierung im typischen Fall der Simultaninsolvenz ermöglichen und vermeidet das Problem, dass nach alter Rechtslage – sofern nicht anderweitige gesellschaftsvertragliche Regelungen vorhanden waren – in der typischen GmbH & Co.KG, in der die Insolvenz der KG regelmäßig die Insolvenz der Komplementär-GmbH nach sich zieht, Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO nicht funktionierte.
Sollte allerdings der Insolvenzantrag über das Vermögen der KG mangels Masse abgewiesen werden, scheidet die insolvente Komplementär-GmbH nach der Neuregelung in §§ 179 Satz 2, 130 Abs. 1 Nr. 3 HGB n.F. aus der KG aus. Zudem führt die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse nach § 138 Abs. 2 Nr. 1 HGB n.F. zur Auflösung der KG ohne natürliche Person als Vollhafter.
Rz. 807
Abgesehen von diesen gesondert geregelten Fällen verbleibt es auch nach der Neufassung des § 130 Abs. 1 HGB dabei, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters nach §§ 161 Abs. 2, 130 Abs. 1 Nr. 3 HGB zum Ausscheiden des Gesellschafters aus der KG führt. Nach § 130 Abs. 1 HGB n.F. kann der Gesellschaftsvertrag für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters als Alternative zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft nur noch die Auflösung der Gesellschaft selbst vorsehen, was in der Literatur m.E. zu Recht kritisiert wird.
Rz. 808
Die Abweisu...