Rz. 459
Nach § 15a Abs. 3 InsO ist im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrages verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Ob die strafbewehrte Insolvenzantragspflicht auch für minderjährige Gesellschafter gilt, ist, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.
Rz. 460
Die Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 3 InsO kann auch den Insolvenzverwalter des Vermögens eines Schuldners treffen, in dessen Vermögen sich Geschäftsanteile haftungsbeschränkter Gesellschaften befinden, die wiederum keinen Geschäftsführer (mehr) haben. Ebenso kann die Pflicht Erben von Geschäftsanteilen treffen. Für Gesellschafter einer Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG dürfte sich die Insolvenzantragspflicht auch auf die KG beziehen, sofern – wie regelmäßig – diese gleichfalls insolvenzreif ist.
Die Insolvenzantragspflicht bei Führungslosigkeit galt nicht für shareholder einer engl. Limited, (solange diese noch als solche anerkannt war).
Rz. 461
Führungslosigkeit der Gesellschaft liegt vor, wenn die Gesellschaft, etwa in den Fällen der sog. Firmenbestattung, keinen Geschäftsführer mehr hat. Sie ist jedenfalls dann gegeben, wenn der organschaftliche Vertreter der Gesellschaft tatsächlich oder rechtlich nicht mehr existiert. Dies gilt auch für den Fall, dass ein faktischer, aber organschaftlich nicht bestellter Geschäftsführer die Geschäfte führt.
Rz. 462
Fraglich aber ist, was in dem nach meiner Beobachtung häufigeren Fall gilt, wenn zwar ein bestellter Geschäftsführer noch existiert, dieser aber nachrichtenlos abgetaucht, unerreichbar oder handlungsunwillig ist. Die herrschende Meinung nimmt an, dass dann nicht von Führungslosigkeit i.S.d. Neuregelungen zu sprechen ist. Das AG Hamburg hat entschieden, dass bei bloß unbekanntem Aufenthalt des Geschäftsführers Führungslosigkeit nicht vorliegt. Das scheint mir vor dem mit dem MoMiG verfolgten Ziel effektiver Missbrauchsbekämpfung zu kurz zu greifen. Auch unter Inkaufnahme einer Pflichtenverdoppelung (etwa bei der Insolvenzantragspflicht, organschaftlich bestellter Geschäftsführer neben Gesellschafter, § 15a Abs. 1 und 3 InsO) würde ich in diesem Falle Führungslosigkeit annehmen.
Rz. 463
Ob die Gesellschafter bei Führungslosigkeit der Gesellschaft zum Ersatz verbotener Zahlungen nach § 15b InsO (früher § 64 Satz 1 GmbHG a.F.) verpflichtet sind, ist umstritten. In der Lit. wird dies teilweise mit der Begründung des insoweitigen Gleichlaufs der Insolvenzantragspflicht in § 15a InsO und der Ersatzverpflichtung nach § 64 Satz 1 GmbHG a.F. für den Fall bejaht, dass die Insolvenzantragspflicht des Gesellschafters besteht, also wenn er die Insolvenzreife und die Führungslosigkeit der Gesellschaft kennt.