Rz. 30
Erbstatut:
Frankreich hat die Europäische Erbrechtsverordnung ratifiziert, womit diese für alle Erbfälle ab dem 17.8.2015 Anwendung findet. Damit wird zur Bestimmung des Erbstatuts gemäß Art. 21 Abs. 1 EuErbVO auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes abgestellt. Für Erbfälle vor dem 17.8.2015 wird unbewegliches Vermögen nach dem Recht des Belegenheitsorts vererbt (lex rei sitae), wohingegen für bewegliches Vermögen der Grundsatz mobili sequuntur personam (Recht des am letzten Wohnsitzes des Verstorbenen) galt. Nach altem Recht kam es damit bei Vorhandensein von beweglichem und unbeweglichem Vermögen relativ häufig zur Bestimmung unterschiedlicher Statute, mithin zu einer Nachlassspaltung. Frankreich folgte damit vor Einführung der EuErbVO nicht dem Grundsatz der Nachlasseinheit. Mit der Einführung der EuErbVO wurde die Nachlassspaltung zugunsten des Grundsatzes der Nachlasseinheit aufgegeben.
Rz. 31
Güterrecht:
Gesetzlicher Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (Art. 1387 bis 1581 C.C.). Zu unterscheiden ist das Eigengut eines jeden Ehegatten und das Gesamtgut der Ehegatten. Eine Abwicklung des Nachlasses kann erst erfolgen, wenn der Güterstand auseinandergesetzt ist. Nach französischer Rechtsauffassung ist das Ehegüterstatut unteilbar und grundsätzlich unwandelbar. Eine Abänderung der kollisionsrechtlichen Rechtswahl soll jedoch zulässig sein, wenn das ursprünglich anwendbare Güterstatut dies zulässt. Die Republik Frankreich ist Vertragsstaat der EuGüVO (Verordnung (EU) 2016/1113 sowie der EuPartVO (Verordnung (EU) 2016/1114 des Rates vom 24.6.2016.
Rz. 32
Gesetzliche Erbfolge:
Es gilt der Grundsatz der Universalsukzession, jedoch muss die Erbschaft ausdrücklich angenommen werden. Es werden vier Erbordnungen unterschieden (Art. 734 C.C.). Der jeweils höheren Erbordnung kommt stets der Vorrang zu. Zur ersten Ordnung gehören die Abkömmlinge des Erblassers. Kinder einer Volladoption stehen leiblichen gleich. Es gilt das Repräsentationsprinzip. Erben zweiter Ordnung sind die Eltern, Geschwister und Geschwisterkinder. Sie kommen bei Fehlen von Erben erster Ordnung gemeinsam mit den Eltern zum Zuge. Erben dritter Ordnung sind die mit dem Erblasser in gerader Linie verwandten Aszendenten, also Großeltern und Urgroßeltern usw. Erben vierter Ordnung sind die Seitenverwandten, also Onkel, Tanten und Cousinen. Das Ehegattenerbrecht besteht aus einem Nießbrauchsrecht am Nachlass oder einem Viertel Nachlasses zu Eigentum, sofern der Ehegatte mit Abkömmlingen des Erblassers zusammentrifft. Die Wahl zwischen dem Nießbrauch am Gesamtnachlass ist ein höchstpersönliches Recht. Hinterlässt der Erblasser weder Kinder noch Eltern, so erhält er den gesamten Nachlass. Daneben hat der überlebende Ehegatte ein befristetes Wohnungsrecht für die Dauer von einem Jahr gem. Art. 763 CC an der Ehewohnung. Stand die Ehewohnung im Eigentum beider Ehegatten, so steht dem überlebenden Ehegatten ein lebenslanges Wohnungsrecht gem. Art. 764 CC an der Ehewohnung zu. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft in Form einer Gemeinschaft sui generis (jedoch der Gütergemeinschaft zuordenbar), geregelt in den Art. 815 ff c.c.
Rz. 33
Testamentsformen:
Frankreich ist 1967 dem Haager Testamentsformabkommen beigetreten sowie seit 1976 Vertragsstaat des Basler Übereinkommens über die Errichtung einer Organisation zur Registrierung von Testamenten. Möglich sind, ab Vollendung des 16. Lebensjahres, das einseitige Testament in der Form des holographischen Testaments sowie des öffentlichen (notariellen) Testaments. Wenig gebräuchlich ist das sog. mystische Testament. Das holographische Testament muss gem. Art. 970 c.c. eigenhändig geschrieben, unterschrieben und mit dem Errichtungsdatum versehen sein. Das öffentliche Testament wird vor zwei Notaren bzw. einem Notar und zwei Zeugen errichtet. Ausdrücklich verboten ist das gemeinschaftliche Testament (Art. 968 c.c.) sowie die Anordnung einer testamentarischen Vor- und Nacherbschaft (Art. 896 c.c.). Diese Verbote bewirken in beiden Fällen die Nichtigkeit der gesamten Verfügung von Todes wegen, wobei bei der Vor- und Nacherbschaft eine Umdeutung und damit eine Heilung möglich ist. Es existiert ein zentrales Testamentsregister.
Rz. 34
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft:
Das französische Erbrecht kennt zwei Formen der Annahme der Erbschaft. Es sind dies die vorbehaltslose Annahme (acceptation pure et simple) sowie die Annahme mit Haftungsbeschränkung auf den Aktivnachlass (acceptation sous bénefice d’inventaire). Darüber hinaus kann die Erbschaft ausgeschlagen werden. Sowohl die haftungsbeschränkte Annahme als auch die Ausschlagung müssen vor dem zuständigen tribunal de grande instance erklärt werden.
Rz. 35
Pflichtteilsrecht:
Das Pflichtteilsrecht ist noch als echtes Noterbenrecht ausgestaltet und in Art. 912–930 CC geregelt. Der Erblasser kann nur über einen bestimmten Teil des...