Rz. 51
Erbstatut:
Die Republik Italien ist Vertragsstaat der Europäischen Erbrechtsverordnung. Demzufolge bestimmt sich das Erbstatut ab dem 17.8.2015 gemäß Art. 21 ff. EuErbVO. Nach Stimmen der Literatur ersetzt die EuErbVO die Regelungen der Art. 46–50 ital. IPRG vollständig. Für Erbfälle vor dem 17.8.2015 gilt, dass sich die Erbfolge für den gesamten Nachlass (Grundsatz der Nachlasseinheit) nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes richtet. Eine Weiterverweisung auf italienisches Recht wird angenommen, wenn der renvoi zur Anwendung ital. Rechts führt. Bei Doppelstaatlern ist das Recht des Staates anzuwenden, dem sich der Erblasser am engsten verbunden fühlte. War er auch italienischer Staatsbürger, so geht diese gemäß Art. 19 Abs. 2 ital. IPRG immer vor. Art. 46 Abs. 2 ital. IPRG gestattet italienischen Staatsbürgern, welche im Ausland wohnen, eine Rechtswahl zugunsten des Landes zu treffen, in welchem sie sich befinden (residenza Art. 43, 44 c.c.).
Rz. 52
Güterrecht:
Gesetzlicher Güterstand ist die Gütergemeinschaft gem. Art. 159 ff. c.c. (comunione dei beni). Das Güterrechtsstatut ist wandelbar. Zum Gesamtgut gehören alle Erwerbe, die die Ehegatten während der Ehe tätigen (beni comuni). Daneben existiert das Eigengut eines jeden Ehegatten (beni personali), welches voreheliche Erwerbe sowie Dinge des persönlichen Gebrauchs umfasst. Das Güterrecht hat auf die Erbquote keinen Einfluss, die Gütergemeinschaft wird jedoch nach dem Tod eines Ehegatten auseinandergesetzt. Güterrechtlich hat der Ehegatte Anspruch auf seinen Anteil am Gesamtgut, welcher gem. Art 194 Abs. 1 c.c. die Hälfte beträgt. Daneben existiert der Güterstand der Gütertrennung sowie der vertragliche Güterstand der Gütergemeinschaft.
Rz. 53
Gesetzliche Erbfolge:
Erben erster Klasse sind die leiblichen Abkömmlinge des Erblassers zu gleichen Teilen gem. Art. 566 c.c. Legitimierte oder adoptierte Kinder stehen den ehelichen Kindern gem. Art. 567 c.c. gleich. Erben zweiter Klasse sind die Aszendenten und Geschwister. Erben dritter Ordnung sind die anderen Verwandten bis zum sechsten Grad, wobei Gradnähere Gradentferntere ausschließen. Eine Klasse schließt die andere aus. Erben einer Klasse erben zu gleichen Teilen. Es gilt das Repräsentationsprinzip. Das Erbrecht des Ehegatten variiert nach der Anzahl der Abkömmlinge. Gemäß Art. 581 c.c. erbt der Ehegatte beim Vorhandensein mehrerer Kinder zu ⅓, beim Vorhandensein nur eines Kindes zu ½. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft in Form einer Bruchteilsgemeinschaft gem. Art. 1110–1116 c.c.
Rz. 54
Testamentsformen:
Das Haager Testamentsformabkommen wurde nicht ratifiziert. Art. 48 ital. IPRG stimmt aber im Wesentlichen mit diesem überein. Möglich ist die Errichtung des eigenhändigen Testaments (testamento olografo), welches vom Erblasser vollständig eigenhändig errichtet und unterschrieben ist. Daneben existiert das notarielle Testament in zwei Formen (öffentliches Testament in Gegenwart von zwei Zeugen sowie eigenhändiges Testament vom Notar versiegelt und hinterlegt). Gesetzlich geregelt sind ferner das allg. Nottestament sowie Militär-, See-, und Luftfahrttestament (Art. 609, 611–618 c.c.). Im Testament selbst sind Erbeinsetzungen (Ersatzerbschaft), Testamentsvollstreckung und die Anordnung von Vermächtnissen möglich. Wichtig: Es ist keine Anordnung von Vor- und Nacherbschaft möglich. Darüber hinaus kann kein gemeinschaftliches Testament und auch keine Vereinbarung von Abmachungen über die Erbfolge errichtet werden (Ausnahme: patto di famiglia). Unzulässig ist jede testamentarische Anordnung, mit denen der Erblasser den Erben verbietet, über Nachlassgegenstände unter Lebenden oder von Todes wegen zu verfügen. Daneben ist die Anordnung von Vermächtnissen mit unmittelbarer dinglicher Wirkung möglich (Vindikationslegat). Gegenstand eines Vermächtnisses kann auch der Nießbrauch an einem Gegenstand sein. Es existiert ein zentrales Testamentsregister im Justizministerium in Rom, das Ufficio Centrale degli Archivi Notarili. Eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbotes über die vertragliche Abmachung auf die Erbfolge (Art. 458 c.c.) ist der sogenannte patto di famiglia. Um die Kontinuität in Familienunternehmen zu gewährleisten, kann inter vivos oder mortis causa ein Unternehmen zu den in Art. 768bis–768octis c.c. beschriebenen Konditionen im Wege des notariellen Vertrages ein Unternehmen übertragen werden. Dieser Vertrag soll dann nicht mit der Herabsetzungsklage angreifbar sein (siehe Rdn 55).
Rz. 55
Pflichtteilsrecht:
Das Pflichtteilsrecht ist als echtes Noterbrecht ausgestaltet. Das bedeutet, dass der enterbte Pflichtteilsberechtigte zum echten Noterben qua Gesetz erhoben wird. Das Codice Civile sichert den leiblichen Abkömmlingen und dem Ehegatten eine Mindestteilhabe am Nachlass. Wie in vielen anderen romanischen Rechtskreisen wird auch im italienischen E...