Rz. 65
Erbstatut:
Das Großherzogtum Luxemburg ist Vertragsstaat der Europäischen Erbrechtsverordnung. Demzufolge wird für Erbfälle ab dem 17.8.2015 die EuErbVO unmittelbar angewandt, wonach sich das Erbstatut gemäß Art. 21 Abs. 1 EuErbVO nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt bestimmt. Es gilt ferner der Grundsatz der Nachlasseinheit. Für Erbfälle vor dem 17.8.2015 folgt das Erbrecht des Großherzogtums dem Grundsatz der Nachlassspaltung. Unbewegliches Vermögen wird nach dem Recht der Sache am Belegenheitsort vererbt (lex rei sitae). Bewegliches Vermögen wird nach dem Recht des letzten Wohnsitzes des Erblassers vererbt. Auch im Großherzogtum ist es damit zum Paradigmenwechsel in Punkto Nachlassspaltung nach alter Rechtslage und Nachlasseinheit nach neuer Rechtslage gekommen.
Rz. 66
Güterrecht:
Im Ehegüterrecht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Möglich ist eine weitgehend individuelle Gestaltung des Ehegüterrechts. Treffen die Eheleute keine Vereinbarung, so gilt der gesetzliche Güterstand der Gütergemeinschaft. Der Güterstand ist nach Beendigung auszugleichen. Es besteht die Möglichkeit, diesen Güterstand vertraglich zu modifizieren (modifizierte Gütergemeinschaft), was bedeutet, dass vertraglich Änderungen hinsichtlich der Zusammensetzung der Gemeinschaft, der Verwaltung der Güter oder deren Aufteilung vorgenommen werden können. Möglich ist auch, dem überlebenden Ehegatten einen höheren Anteil als die Hälfte der Güter zukommen zu lassen. Das Großherzogtum ist Vertragsstaat der EuGüVO (Verordnung (EU) 2016/1113 sowie der EuPartVO (Verordnung (EU) 2016/1114 des Rates vom 24.6.2016.
Rz. 67
Gesetzliche Erbfolge:
Das luxemburgische Erbrecht kennt vier Erbordnungen: 1. Ordnung: die Kinder und sonstigen Abkömmlinge des Erblassers, 2. Ordnung: der überlebende Ehegatte, 3. Ordnung: Verwandte in aufsteigender Linie, 4. Ordnung: Verwandte in der Seitenlinie. Das Vorhandensein einer Ordnung schließt die anderen aus, mit Ausnahme des Ehegatten. Trifft der Ehegatte mit Abkömmlingen des Erblassers zusammen, so hat er ein Wahlrecht von einem ¼ Anteil am Nachlass oder aber ein Nießbrauchsrecht am mit dem Erblasser bewohnten Grundstück sowie den dazugehörigen Einrichtungsgegenständen. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft in Form einer Gütergemeinschaft.
Rz. 68
Testamentsformen:
Luxemburg hat das Haager Testamentsformübereinkommen ratifiziert. Es existieren das handschriftliche Testament, das öffentliche Testament sowie das geheime Testament. Das handschriftliche Testament muss eigenhändig geschrieben, datiert und unterzeichnet sein, andernfalls ist es nichtig. Der Errichtungsort muss hingegen nicht angegeben werden. Das öffentliche Testament muss vor zwei Notaren oder einem Notar und zwei Zeugen errichtet werden. Das geheime Testament wird vom Erblasser verfasst und im Beisein von zwei Zeugen dem Notar übergeben. Vor- und Nacherbfolge sind verboten und führen zur Nichtigkeit des Testaments. Es existiert ein zentrales Testamentsregister. Als Erben kennt das luxemburgische Erbrecht nur gesetzliche Erben. Unter Beachtung der verfügbaren Quote (quotité disponible) kann der Testator Vermächtnisse (auch Vindikationslegate) anordnen. Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft ist gemäß Art. 896 CC verboten.
Rz. 69
Pflichtteilsrecht:
Das Pflichtteilsrecht ist auch in Luxemburg als echtes Noterbenrecht (unmittelbare dingliche Beteiligung am Nachlass) ausgestaltet. Wie in vielen anderen romanischen Rechtskreisen wird zwischen einer testamentarisch frei verfügbaren Quote und einer nicht verfügbaren Quote unterscheiden. Die Noterbenquote hängt von der Anzahl der leiblichen Abkömmlinge (Vorbehaltserben) ab. Der Herabsetzungsanspruch muss binnen fünf Jahren klageweise geltend gemacht werden. Die testamentarische Verfügung über die disponible Quote ist also nicht von selbst unwirksam. Zu Vorbehaltserben (héritiers réservataires) sind einzig und allein die Abkömmlinge des Erblassers berufen.
Rz. 70
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft:
Die Erbschaft kann vorbehaltslos gem. Art. 774 ff. Cciv angenommen werden. Daneben existiert noch die haftungsprivilegierte Form der Annahme unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung gem. Art. 793 ff. Cciv. Die Annahme unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung als auch die Ausschlagung müssen gegenüber dem Gericht erfolgen und bedürfen der Registrierung. Der Erbe kann erst nach Eintritt des Erbfalls ausschlagen. Gleiches gilt für einen Verzicht auf das Noterbrecht. Auch dieser kann nicht zu Lebzeiten erklärt werden (Art. 791 c.c.). Der Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnis wird bei einem luxemburgischen Notar gestellt.
Rz. 71
Erbschaftsteuer:
Bezüglich der unbeschränkten Steuerpflicht wird in Luxemburg an den letzten Wohnsitz des Erblassers angeknüpft. Befand sich dieser im Inland, so unterliegt das Weltvermögen der Erbschaftsteuer. Von dieser Besteuerung ausgenommen ist explizit im Ausland belegenes u...