Rz. 91
Erbstatut:
Auch in Polen findet die EuErbVO für Erbfälle ab dem 17.8.2015 Anwendung. Zur Bestimmung des Erbstatuts wird gemäß Art. 21 EuErbVO angeknüpft. Für Erbfälle vor Inkrafttreten der EuErbVO gilt Folgendes: Gemäß Art. 34, 64 poln. IPRG stellt das polnische Recht auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Todeszeitpunkt ab. Es gilt und galt der Grundsatz der Nachlasseinheit. Polen hat die EuErbVO ratifiziert, sodass ab dem 17.8.2015 der letzte Wohnsitz des Erblassers zur Bestimmung des Erbstatuts maßgeblich ist. Dem Erblasser ist es testamentarisch gestattet, in einer Verfügung von Todes wegen, das Recht des Landes zu wählen (Rechtswahl), in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (zum Zeitpunkt der Verfügung oder zum Zeitpunkt des Todes).
Rz. 92
Güterrecht:
Gesetzlicher Güterstand ist die gesetzliche Gütergemeinschaft. Es existieren das gemeinschaftliche Vermögen sowie das jeweilige Sondervermögen der Ehegatten. Vertraglich vereinbar sind der Güterstand der Gütertrennung, die eingeschränkte Gütergemeinschaft sowie die Gütertrennung mit Zugewinnausgleich. Polen ist nicht Vertragsstaat der Verordung (EU) 2016/1113, also der Europäischen Güterrechtsverordnung.
Rz. 93
Gesetzliche Erbfolge:
Die gesetzliche Erbfolge ist in den Art. 931–1088 poln. ZGB geregelt. An erster Stelle sind die Kinder sowie der Ehegatte des Erblassers berufen. Sie erben zu gleichen Teilen, wobei der Erbteil des Ehegatten beim Zusammentreffen mit Abkömmlingen gem. Art. 931 § 1 ZGB nicht unter einem Viertel liegen darf. Sind keine Abkömmlinge vorhanden, so sind neben dem Ehegatten seine Eltern und Geschwister berufen. Sind diese nicht vorhanden, so erbt der Ehegatte allein. Mehrere Erben bilden gem. Art. 1035 bis1046 ZGB eine Nachlassgütergemeinschaft (Erbengemeinschaft) in Form einer Bruchteilsgemeinschaft.
Rz. 94
Testamentsformen:
Die Formgültigkeit eines Testaments beurteilt sich anhand des Haager Testamentsformabkommens. Das polnische Erbrecht kennt das eigenhändige Testament, das notarielle Testament sowie das allographe Testament. Des Weiteren existieren als besondere Testamentsformen das Nottestament, das Nottestament auf Reisen sowie das Militärtestament. Die polnische Regierung hat im Jahre 2011 ein zentrales Testamentsregister eingerichtet. Zuvor haben sich die Notare untereinander über das Bestehen bzw. Veränderungen an bestehenden Urkunden informiert.
Rz. 95
Pflichtteilsrecht:
Den leiblichen Abkömmlingen des Erblassers, dem Ehegatten sowie den Eltern des Erblassers steht, wenn sie als gesetzliche Erben zur Erbfolge berufen sind, die Hälfte des Wertes des Nachlasses zu (Art. 991 § 1 ZGB). Ist ein Berechtigter dauerhaft arbeitsunfähig oder minderjährig, erhöht sich der Pflichtteil auf zwei Drittel des Wertes des Nachlasses. Der Anspruch verjährt in fünf Jahren seit dem Erbfall.
Rz. 96
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft:
Auch Polen kennt zwei Formen der Annahme der Erbschaft. Zum einen die einfache Annahme, mit welcher eine unbeschränkte Haftung der Nachlassverbindlichkeiten einhergeht, oder zum anderen die Annahme unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung. Bei dieser Form der Annahme haftet der Erbe nur bis zu dem im Inventar festgestellten Wert des Nachlasses. Daneben gibt es noch die Möglichkeit die Erbschaft auszuschlagen. Die vorbezeichneten Erklärungen müssen binnen sechs Monaten ab dem Tage vorliegen, an welchem der Erbe vom Grund seiner Berufung Kenntnis erlangt hat.
Rz. 97
Erbschaftsteuer:
Für Inländer und polnische Staatsangehörige gilt für Schenkungen und Erwerb von Todes wegen de facto die unbeschränkte Steuerpflicht, mit der Maßgabe bzw. Einschränkung, dass bei ausländischem Vermögen nur das bewegliche Vermögen der Erbschaft- und Schenkungssteuer unterworfen wird. In allen anderen Fällen wird nur das sich in Polen befindliche Vermögen versteuert. Nicht steuerpflichtig ist der Erwerb von Rechten an geistigem Eigentum (Patente, Urheberrechte etc.). Auch in Polen bestehen sachliche Steuerbefreiungen, so z.B. bei Kunstwerken. Die Steuersätze in den Klassen 1 bis 3 reichen von beginnend 3 % in Steuerklasse 1 bis hin zu 20 % in Steuerklasse 3. Doppelbesteuerungsabkommen bestehen mit Österreich, Slowakei, Tschechien und Ungarn.