Rz. 105
Erbstatut:
Für Erbfälle ab dem 17.8.2015 findet die Europäische Erbrechtsverordnung uneingeschränkt Anwendung sowohl in Bezug auf Mitgliedstaaten als auch in Bezug zu Drittstaaten. Danach wird das Erbstatut gemäß Art. 21 Abs. 1 EuErbVO bestimmt, also anhand des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes. Es gilt der Grundsatz der Nachlasseinheit. Ergänzende nationale Vorschriften zur Umsetzung der EuErbVO finden sich im neu geschaffenen Gesetz 2015:417 über das Erbe in internationalen Situationen. Für Erbfälle vor dem 17.8.2015 folgte das schwedische Erbrecht ebenfalls dem Grundsatz der Nachlasseinheit. Das Erbstatut wird für Altfälle anhand der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Todeszeitpunkt bestimmt. Bei Sachverhalten mit Bezug zu Dänemark, Finnland, Island und Norwegen galt die Nordische Erbrechtskonvention vom 19.11.1934. In Bezug zu Norwegen und Island ist dieses Abkommen noch immer von Bedeutung, da diese nicht Mitglieder der Europäischen Union und deshalb auch keine Ratifizierungsstaaten der EuErbVO sind.
Rz. 106
Güterrecht:
Das Königreich Schweden ist sowohl Vertragsstaat der EuGüVO (EU) 2016/1103, als auch der EuPartVO (EU) 2016/1104. In Schweden gibt es den gesetzlichen Güterstand der Giftorättsgods-Gemeinschaft. Danach verbleibt das bereits erwirtschaftete sowie das in der Ehe hinzugewonnene Eigentum der Ehegatten in deren Eigentum. Im Rahmen der Eheauflösung erhält der andere Ehegatte die Hälfte des Vermögens des anderen Ehegatten (wertmäßig). Die Eheleute können durch Ehevertrag jedoch Gütertrennung vereinbaren. Ein Ehevertrag muss bei der Steuerbehörde angemeldet und registriert werden. Die Ehe wird nach schwedischem Recht durch rechtskräftige Scheidung oder den Tod eines Ehegatten aufgelöst.
Rz. 107
Gesetzliche Erbfolge:
Gesetzliche Erben der ersten Klasse (Parentel) sind die leiblichen Abkömmlinge des Erblassers, seine Kinder, Enkel, Urenkel (bröstarvingar). Erben der zweiter Klasse sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Leben beide Elternteile, so erben sie allein und zu gleichen Teilen. Ist indes der Vater oder die Mutter vorverstorben, so gebührt die Hälfte der Erbschaft den Geschwistern des Erblassers. Erben dritter Klasse sind die Großeltern väter- und mütterlicherseits zu jeweils gleichen Teilen. Erbe werden kann nur, wer den Erblasser überlebt. Der Erbe muss gezeugt, aber noch nicht geboren sein, so er nur lebend geboren wird. Dem überlebenden Ehegatten fällt zunächst der gesamte Nachlass, vergleichbar einem deutschen unbefreiten Vorerben, zu. Nach dem Tod des längslebenden Ehegatten erben dann die gemeinsamen Kinder des Erblassers. Existieren indes sog. Särkullbarn, also Abkömmlinge des Erblassers, welche nicht zugleich Abkömmlinge des überlebenden Ehegatten sind, so können diese bereits nach dem Tod des Erstversterbenden ihren Erbteil fordern.
Rz. 108
Testamentsformen:
Das schwedische Erbrecht kennt das schriftliche, vor zwei Zeugen errichtete und das eigenhändig unterschriebene Testament. Der Testamentstext selbst muss nicht vom Testator stammen (Errichtung handgeschrieben oder mit einer Maschine). Das Testament kann Teilungsanordnungen, Auflagen oder die Anordnung der Testamentsvollstreckung enthalten. Ein Testator muss bei Errichtung achtzehn Jahre alt sein. Eine rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Vertretung kommt bei der Eröffnung nicht in Betracht. Der Widerruf eines Testaments erfolgt durch Errichtung eines neuen wirksamen Testaments. Möglich ist auch die Errichtung gemeinschaftlicher Testamente.
Rz. 109
Annahme- und Ausschlagung der Erbschaft:
Ausdrückliche Vorschriften über die Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft kennt das schwedische Erbrecht nicht. Aktiva und Passiva des Nachlasses gehen zunächst auf den Nachlass (dödsboet) über, welcher in Schweden als juristische Person betrachtet wird. Nach dem Ableben einer Person hat binnen drei Monaten eine Aufzeichnung des Nachlasses (Inventarerrichtung) zu erfolgen. Auf Antrag hin kann diese Frist durch die zuständige Steuerbehörde verlängert werden. Für Schulden haftet der Nachlass wohl nur bis zur Höhe seines Vermögens. Das Europäische Nachlasszeugnis wird in Schweden beim Finanzamt (Skatteverket), welches im gewissen Umfang auch Nachlassbehörde ist, beantragt.
Rz. 110
Pflichtteilsrecht:
Das schwedische Pflichtteilsrecht ist wesentlicher enger ausgestaltet als das deutsche Pflichtteilsrecht. Zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehören nur die leiblichen Abkömmlinge (nichteheliche und adoptierte Kinder stehen leiblichen gleich) sowie deren Abkömmlinge, soweit sie nicht durch vorstehende Abkömmlinge ausgeschlossen sind. Alle weiteren Personen wie Eltern oder Ehegatten sind nicht pflichtteilsberechtigt. Die Pflichtteilsquote besteht in Höhe der Hälfte des Nachlasses. Die verbleibende Quote am Nachlass wird "disponible Quote" genannt – ein Begriff, welcher auch im romanischen R...