a) Berufungsanträge
Rz. 118
Die Berufungsbegründung muss zunächst die Berufungsanträge enthalten, d.h. die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht darf bei der Ermittlung des prozessualen Begehrens des Berufungsführers aber nicht beim Wortlaut der Anträge verharren, sondern muss auch die Berufungsbegründung zur Auslegung des Klagebegehrens heranziehen. Dabei ist das Vorbringen einer Partei so auszulegen, wie es nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrem Interesse entspricht.
Rz. 119
Ein förmlicher Antrag ist entbehrlich, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Berufungsklägers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll. Bei der Beurteilung ist im Grundsatz davon auszugehen, dass ein Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung gerichtet ist, diese also insoweit angreift, als der Rechtsmittelführer durch sie beschwert ist. Sofern der Berufungsschrift eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt war (§ 519 Abs. 3 ZPO), reicht das Begehren auf Abänderung gemäß den Schlussanträgen in erster Instanz aus.
Rz. 120
Eine nachträgliche Erweiterung der angekündigten Anträge bis zur Beschwer durch die angefochtene Entscheidung ist – sofern kein Rechtsmittelverzicht erklärt wurde (siehe oben Rdn 52) – im Rahmen der fristgerecht vorgebrachten Berufungsgründe möglich, siehe auch oben Rdn 50.
b) Berufungsgründe
Rz. 121
Die Berufungsbegründung muss – sofern (auch) die rechtliche Beurteilung durch die erste Instanz angegriffen wird – die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben (§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO). Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen nicht. Für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen; vielmehr ist eine aus sich heraus verständliche Angabe erforderlich, welche und weshalb der Berufungskläger bestimmte Punkte des angefochtenen Urteils bekämpft.
Rz. 122
Eine Bezugnahme auf den Sachvortrag oder die Rechtsausführungen erster Instanz ist (nur) ausnahmsweise hinsichtlich solchen Vorbringens zulässig, das in erster Instanz aus Rechtsgründen nicht oder als rechtlich unerheblich oder unsubstantiiert behandelt oder gänzlich übergangen wurde. Kein unzulässiger Verweis auf erstinstanzliches Vorbringen liegt allerdings vor, wenn eine Rechtsansicht des Erstgerichts zwar inhaltlich unter – bloßer – Wiederholung der abweichenden, bereits in erster Instanz vorgebrachten rechtlichen Auffassung des Berufungsführers, aber konkret angegriffen wird. Ergibt sich die Entscheidungserheblichkeit einer gerügten Rechtsverletzung unmittelbar aus dem angefochtenen Urteil in Verbindung mit den Ausführungen in der Berufungsbegründung, bedarf sie keiner gesonderten Darlegung in der Berufungsbegründung.
Rz. 123
Wenn die Berufung die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) – insbesondere infolge eines unterbliebenen gerichtlichen Hinweises (§ 139 ZPO) – rügt, muss die Begründung zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers darlegen, was bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre und dass nicht auszuschließen ist, dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung geführt hätte; dieser Darlegung bedarf es nur dann nicht, wenn die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unmittelbar und zweifelsfrei aus dem bisherigen Prozessstoff ersichtlich ist. Diese Grundsätze gelten auch für die Rüge des Verstoßes ge...