Rz. 182
Die Anschließung ist grundsätzlich (nur) zulässig bis zum Ablauf einer dem Berufungsbeklagten gesetzten – und ggf. verlängerten – Frist zur Berufungserwiderung (§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO). Solange keine – oder zumindest keine wirksame (§ 329 Abs. 2 S. 2 ZPO) – Erwiderungsfrist gesetzt ist, ist die Anschließung noch möglich. Die Frist erfasst auch den Streitgegenstand verändernde Anschlussberufungen. Der Lauf der Frist beginnt aber nur dann, wenn das Gericht die vorgeschriebene Belehrung (§§ 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO) erteilt hat. Die Zulässigkeit der Anschlussberufung ist von Amts wegen zu prüfen.
Rz. 183
Eine Ausnahme gilt, wenn die Anschlussberufung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323 ZPO) zum Gegenstand hat (§ 524 Abs. 3 S. 3 ZPO; siehe hierzu oben § 26 Rdn 45 ff.). Hier entspricht es der Prozessökonomie, wesentliche Änderungen der für die Höhe der Leistung maßgebenden Umstände nicht erst im Abänderungsverfahren (§ 323 ZPO) zu berücksichtigen, sondern den Rechtsstreit zwischen den Parteien im Berufungsverfahren umfassend zu entscheiden. Die Anschlussberufung, die eine Verurteilung zu zukünftig fällig werdenden Leistungen zum Gegenstand hat, ist daher bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung zulässig. Dass sich die tatsächlichen Verhältnisse, die der Anschlussberufung zugrunde liegen, seit der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz oder sogar seit Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist (§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) geändert haben, ist dafür nicht Voraussetzung. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob Gegenstand des Verfahrens eine Abänderungsklage oder die erstmalige Tenorierung der Ansprüche ist. Für die Frage der Zulässigkeit der Anschlussberufung ist – anders als für deren Begründetheit – schließlich das berufungsrechtliche Novenrecht (§ 531 Abs. 2 ZPO; siehe oben Rdn 146 ff.) ohne Belang.
Rz. 184
Die Anschlussberufung muss binnen der vorgenannten Frist mit der Anschlussberufungsschrift eingelegt (§ 524 Abs. 1 S. 2 ZPO) und begründet (§ 524 Abs. 3 S. 1 ZPO) werden. Für die Anschlussberufungsschrift gelten im Wesentlichen die Formalien, die auch für die Berufungsschrift (§ 519 Abs. 2 und 4 ZPO) und die Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 ZPO) gelten (§§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 ZPO), siehe daher oben Rdn 104 ff. Eine ausdrückliche Erklärung, dass Anschlussberufung eingelegt wird, ist nicht erforderlich. Es genügt vielmehr jede Erklärung, die sich ihrem Sinn nach als Begehren auf Abänderung des Urteils erster Instanz darstellt; so kann der Anschluss auch konkludent in der Weise erfolgen, dass der Kläger als Rechtsmittelgegner sein im Übrigen unverändertes Klagebegehren auf einen weiteren Rechtsgrund stützt.
Rz. 185
Auch nach Ablauf der Einlegungsfrist (§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) kann die Anschlussberufung erweitert werden, soweit die Erweiterung durch die fristgerecht eingereichte Anschlussberufungsbegründung gedeckt ist, zur entsprechenden Rechtsprechung bei der (Haupt-)Berufung siehe oben Rdn 50. Ist eine Anschlussberufung hinsichtlich der mit ihr geltend gemachten künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen gem. § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht verfristet (siehe oben Rdn 183), kann sie auch insoweit nicht wegen Verfristung als unzulässig verworfen werden, als mit ihr zusätzlich – erweiternd – Rückstände für die Vergangenheit geltend gemacht werden; dies gilt unabhängig davon, ob die Erweiterung bereits mit Einlegung der Anschlussberufung oder erst später erfolgt.