Rz. 134

Im Hinblick auf die Beschränkung der Berufungsinstanz auf die Fehlerkontrolle und -beseitigung (siehe oben Rdn 128) hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung grundsätzlich die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 ZPO). Festgestellt in diesem Sinn sind nur Tatsachen, hinsichtlich derer das erstinstanzliche Gericht aufgrund einer freien Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 ZPO) die Entscheidung getroffen hat, dass sie wahr oder unwahr sind, sowie Tatsachen, die es seiner Entscheidung ohne Prüfung der Wahrheit zugrunde gelegt hat, sei es, dass sie offenkundig oder gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), ausdrücklich zugestanden (§ 288 ZPO) oder unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) waren oder sich aus gesetzlichen Vermutungen oder Beweis- und Auslegungsregeln ergeben haben.[454] Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf sog. Rechtstatsachen: Denn den tatsächlichen Umständen stehen Tatsachen in ihrer juristischen Einkleidung gleich, wenn dies durch einen einfachen Rechtsbegriff geschieht, der jedem Teilnehmer des Rechtsverkehrs geläufig ist.[455] Angriffs- und Verteidigungsmittel, die bereits im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen wurden,[456] bleiben auch im Berufungsrechtszug ausgeschlossen (§§ 531 Abs. 1, 296 Abs. 1 und 2 ZPO[457]). Das Rechtsmittelgericht darf indes weder eine von der Vorinstanz unterlassene Zurückweisung nachholen noch die Zurückweisung auf eine andere als die von der Vorinstanz angewendete Verspätungsalternative stützen.[458]

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge