Rz. 104
Berufungsschrift (§ 519 Abs. 1 ZPO) wie Berufungsbegründung (§ 520 ZPO) sind bestimmende Schriftsätze, für die die diesbezüglichen Vorschriften gelten (§§ 129 ff. ZPO). Daher ist die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers – grundsätzlich unverzichtbare – Wirksamkeitsvoraussetzung für eine rechtzeitige Berufungsschrift (§§ 519 Abs. 4, 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO). Damit soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglicht und dessen unbedingter Wille zum Ausdruck gebracht werden, den Schriftsatz zu verantworten und bei Gericht einzureichen. Wird eine Berufung per Telefax eingelegt und/oder begründet, genügt zwar die Wiedergabe der Unterschrift in Kopie, jedoch muss es sich bei der Kopiervorlage um den eigenhändig unterschriebenen Originalschriftsatz handeln. Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufungsschrift von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss. Anlass, den Inhalt einer anwaltlich unterschriebenen Berufungsbegründung darauf zu überprüfen, in welchem Umfang und wie gründlich der Anwalt den Prozessstoff tatsächlich selbst durchgearbeitet hat, besteht allerdings nur ausnahmweise, nämlich zum einen, wenn der Anwalt sich durch einen Zusatz von dem unterschriebenen Schriftsatz distanziert, und zum anderen, wenn nach den Umständen außer Zweifel steht, dass der Rechtsanwalt den Schriftsatz ohne eigene Prüfung, also unbesehen, unterschrieben hat. Wenn auch ohne die Unterschrift aufgrund anderer, eine Beweisaufnahme nicht erfordernder Umstände zweifelsfrei feststeht, dass der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, darf deren Wirksamkeit allerdings nicht allein deshalb verneint werden, weil es an der Unterschrift fehlt. Dies kann z.B. dann angenommen werden, wenn die nicht unterzeichnete Berufungsbegründung mit einem vom Rechtsanwalt unterschriebenen Anschreiben fest verbunden ist oder wenn die eingereichten beglaubigten Abschriften der nicht unterzeichneten oder nicht eingereichten Urschrift der Berufungsbegründung einen vom Prozessbevollmächtigten handschriftlich vollzogenen Beglaubigungsvermerk enthalten. Die ausnahmsweise Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften betrifft aber allein den Fall der erstmals eingereichten Rechtsmittelbegründung; auf die Nachholung einer Berufungsbegründung im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsantrag (siehe oben Rdn 65) nach Einreichung einer mangels Unterzeichnung unwirksamen Begründung ist sie dagegen nicht übertragbar.
Rz. 105
Eine Unterschrift setzt einen individuellen, nicht nur als Handzeichen oder Paraphe anzusehenden handschriftlichen Schriftzug voraus. Ein Rechtsanwalt, der einen bestimmenden Schriftsatz für einen anderen Rechtsanwalt unterzeichnet, übernimmt mit seiner Unterschrift auch dann die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes, wenn seiner Unterschrift maschinenschriftlich der Name des anderen Rechtsanwalts beigefügt wird. Auch der Zusatz "i.V." ändert nichts daran, dass der unterzeichnende Rechtsanwalt zum Ausdruck bringt, die Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen; das Hinzufügen einer weiteren Unterschrift einer nicht postulationsfähigen Person – wie einer Rechtsanwaltsfachangestellten – schadet nicht. Wird die Unterschrift dagegen lediglich mit dem – maschinen- oder handschriftlichen – Zusatz "i.A." geleistet, gibt der Rechtsanwalt damit regelmäßig zu erkennen, dass er nicht die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernehmen, sondern gegenüber dem Gericht nur als Erklärungsbote auftreten will, und genügt damit den Formerfordernissen des Gesetzes nicht. Die Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift mit dem Zusatz "i.A." ist nur dann unschädlich, wenn – was sich aus der Rechtsmittelschrift ergeben muss – der unterzeichnende Rechtsanwalt als Sozietätsmitglied zum Kreis der beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers zählt und damit unmittelbar in Ausführung des auch ihm selbst erteilten Mandats tätig geworden ist.
Rz. 106
Berufungsschrift und Berufungsbegründung können – und müssen insbesondere durch Rechtsanwälte ab dem 1.1.2022 (§ 130d ZPO; Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 [ERVFördG]) – als elektronisches Dokument ("modifizierte Schriftform") eingereicht werden (§§ 130a, 519 Abs. 4, 520 Abs. 5 ZPO). Die diesbezüglichen Regelungen wurden mit Wirkung zum 1.1.2018 durch das ERVFördG neu gefasst. Ein elektronisches Dokument ist gleichbedeutend mit einer Erklärung in einer "nur maschinell lesbaren Form"; es kann sich dabei sowohl um die übermittelte Nachricht selbst wie auch um einen dieser beigefügten Anhang handeln. Weder Telefax noch Comp...