a) Überblick
Rz. 72
Neben der Verfahrensgebühr erhält der Anwalt nach Nr. 3104 VV eine 1,2-Terminsgebühr. Diese Gebühr entsteht zum einen unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV.
Rz. 73
Sie entsteht aber auch dann, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist,
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im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (Anm. Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. zu Nr. 3104 VV), |
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eine Einigung geschlossen oder eine Erledigung herbeigeführt wird (Anm. Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. zu Nr. 3104 VV). |
Rz. 74
Die Terminsgebühr entsteht ferner, wenn das Gericht nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entscheidet, sofern dagegen eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann (Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV).
b) Gerichtlicher Termin
Rz. 75
Beispiel 26: Verfahrens- und Terminsgebühr aufgrund mündlicher Verhandlung
Der Mandant beauftragt den Anwalt, gegen den ergangenen Widerspruchsbescheid Anfechtungsklage zu erheben (Gegenstandswert: 4.000,00 EUR). Das Verwaltungsgericht entscheidet nach mündlicher Verhandlung.
Neben der 1,3-Verfahrensgebühr entsteht eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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361,40 EUR |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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333,60 EUR |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
715,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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135,85 EUR |
Gesamt |
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850,96 EUR |
Rz. 76
Eine Ermäßigung nach Nr. 3105 VV kommt in verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht.
Beispiel 27: Terminsgebühr bei Säumnis des Gegners
Der Mandant beauftragt den Anwalt, gegen den ergangenen Widerspruchsbescheid Anfechtungsklage zu erheben (Gegenstandswert: 4.000,00 EUR). Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint für die Behörde niemand. Der Anwalt beantragt daraufhin die Verlegung des Termins. Die Klage wird später zurückgenommen.
Neben der 1,3-Verfahrensgebühr entsteht wiederum eine 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV. Die Vorschrift der Nr. 3105 VV ist im Verwaltungsrechtsstreit nicht anwendbar.
Abzurechnen ist wie im Beispiel 26.
c) Gleichzeitige Verhandlung mehrerer Verfahren
Rz. 77
Problematisch ist die Berechnung, wenn mehrere Verfahren zeitgleich verhandelt werden. Solange die Verfahren nicht miteinander verbunden sind (siehe dazu § 13 Rdn 62 ff.), erhält der Rechtsanwalt, der in jedem der Verfahren vertritt und vertretungsbereit anwesend ist, die Terminsgebühr in jeder der Sachen nach dem für sie jeweils maßgebenden Gegenstandswert.
Rz. 78
Verbindet das Gericht nach Aufruf der Sache mehrere Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung, kann die bereits entstandene Terminsgebühr dadurch nicht mehr beeinflusst werden.
Beispiel 28: Verhandlung mehrerer Verfahren
Das Gericht beraumt in zwei Verfahren, 1/22 und 2/22, (Gegenstandswert: jeweils 4.000,00 EUR) gemeinsamen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Nach Aufruf der Sache verbindet es die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung.
Mit Aufruf der Sache ist in jedem der Verfahren die Terminsgebühr entstanden, sodass der Anwalt die Gebühren in jedem Verfahren gesondert abrechnen kann.
I. |
Verfahren 1/22 |
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Wie Beispiel 26. |
II. |
Verfahren 2/22 |
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Wie Beispiel 26. |
d) Besprechung zur Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens
Rz. 79
Die Terminsgebühr entsteht auch bei Teilnahme an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung. Eine solche Besprechung – die auch telefonisch geführt werden kann – setzt den Austausch von Erklärungen voraus mit dem konkreten Ziel, das Streitverfahren einvernehmlich zu beenden. Eine Terminsgebühr entsteht dann nicht, wenn die Behörde der Gegenseite von sich aus oder auf deren Nachfrage lediglich mitteilt, dass sie aufgrund eines behördeninternen Entscheidungsprozesses zu dem Ergebnis gelangt ist, dass ein angefochtener Verwaltungsakt aufzuheben oder eine begehrte Leistung zu bewilligen ist. Eine solche Mitteilung ist keine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung. Das gilt auch für den Fall, dass die Gegenseite zur Abgabe einer Erledigungserklärung aufgefordert wird. Erwartet die Behörde von der Gegenseite hingegen ein Entgegenkommen oder Tätigwerden, wie beispielweise eine Kostenübernahme, die Klagerücknahme oder sonstige Zugeständnisse, wird eine Terminsgebühr ausgelöst.
Rz. 80
Grundsätzlich reicht trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes eine Besprechung zwischen einem Verfahrensbevollmächtigten und dem Gericht nicht aus, um die Terminsgebühr auszulösen. In Ausnahmefällen soll dagegen eine Terminsgebühr entstehen, wenn der Richter außerhalb eines Termins jeweils in getrennten Telefonaten die Sach- und Rechtslage erörtert.
Beispiel 29: Verfahrens- und Terminsge...