Rz. 99

Auch in Verwaltungssachen wird die Geschäftsgebühr angerechnet, und zwar nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV zur Hälfte, höchstens jedoch zu einem Gebührensatz von 0,75. Das gilt auch bei mehreren Auftraggebern (siehe dazu § 8 Rdn 48 ff. m. Nachw. zur Rspr.). Hatte der Anwalt vorgerichtlich mehrere Geschäftsgebühren verdient, war er also sowohl im Verwaltungsverfahren tätig als auch im Nachprüfungsverfahren, so ist nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 3 VV nur die letzte Geschäftsgebühr anzurechnen. Anzurechnen ist nach dem Wert, der vom Widerspruchsverfahren in das gerichtliche Verfahren übergeht (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 5 VV).

 

Rz. 100

Eine im behördlichen Verfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter entstandene Geschäftsgebühr ist dagegen im Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht anzurechnen. Sie wird allerdings auf eine Verfahrensgebühr im Eilverfahren angerechnet (siehe Rdn 178 ff., 191 ff.).

 

Beispiel 45: Gerichtliches Verfahren mit vorangegangener Tätigkeit im Verwaltungsverfahren

Der Mandant beauftragt den Anwalt, gegen den ergangenen Bescheid Widerspruch einzulegen und nachdem der Widerspruch zurückgewiesen worden ist, hiergegen Anfechtungsklage zu erheben (Wert: 4.000,00 EUR).

Für das Widerspruchsverfahren erhält der Anwalt die Gebühr nach Nr. 2300 VV. Diese Gebühr ist nunmehr hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Ausgehend von einem Streitwert von 4.000,00 EUR sowie der Mittelgebühr bei der Geschäftsgebühr ergibt sich folgende Berechnung:

 
I. Widerspruchsverfahren
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   417,00 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 437,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   83,03 EUR
Gesamt   520,03 EUR
II. Rechtsstreit
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   361,40 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 208,50 EUR
  0,75 aus 4.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 506,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   96,24 EUR
Gesamt   602,74 EUR
 

Rz. 101

 

Beispiel 46: Gerichtliches Verfahren mit vorangegangener Tätigkeit im Widerspruchsverfahren, überdurchschnittliche Gebühr im Widerspruchsverfahren

Der Mandant beauftragt den Anwalt, gegen den ergangenen Bescheid Widerspruch einzulegen und nachdem der Widerspruch zurückgewiesen worden ist, hiergegen Anfechtungsklage zu erheben (Wert: 4.000,00 EUR). Die Geschäftsgebühr ist mit 2,0 anzusetzen.

Diese Gebühr ist wiederum hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Allerdings greift jetzt die Begrenzung auf 0,75.

 
I. Widerspruchsverfahren
1. 2,0-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   556,00 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 576,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   109,44 EUR
Gesamt   685,44 EUR
II. Rechtsstreit
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   361,40 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 208,50 EUR
  0,75 aus 4.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 506,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   96,24 EUR
Gesamt   602,74 EUR
 

Rz. 102

 

Beispiel 47: Gerichtliches Verfahren mit vorangegangener Tätigkeit im Widerspruchsverfahren, mehrere Auftraggeber

Der Anwalt wird von drei Auftraggebern beauftragt, gegen den ergangenen Bescheid Widerspruch einzulegen und nachdem der Widerspruch zurückgewiesen worden ist, hiergegen Anfechtungsklage zu erheben (Wert: 4.000,00 EUR). Die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren war weder umfangreich noch schwierig.

Für das Widerspruchsverfahren erhält der Anwalt die Gebühr nach Nr. 2300 VV. Ausgehend von einer 1,3-Gebühr erhöht sich die Gebühr auf 1,9 (Nr. 1008 VV). Diese Gebühr ist nunmehr hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, allerdings höchstens jedoch zu 0,75.[36] Dort entsteht die Erhöhung erneut.[37]

 
I. Widerspruchsverfahren
1. 1,9-Geschäftsgebühr, Nrn. 2300, 1008 VV   528,20 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 548,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   104,16 EUR
Gesamt   652,36 EUR
II. Rechtsstreit
1. 1,9-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV   528,20 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 208,50 EUR
  0,75 aus 4.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 673,30 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   127,93 EUR
Gesamt   801,23 EUR
 

Rz. 103

War der Anwalt sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Nachprüfungsverfahren tätig, dann ist die Geschäftsgebühr des Verwaltungsverfahrens hälftig auf die des Nachprüfungsverfahrens anzurechnen und die des Nachprüfungsverfahrens hälftig au...

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