aa) Überblick
Rz. 180
Der Anwalt erhält in den genannten Verfahren die gleichen Gebühren wie im erstinstanzlichen Rechtsstreit. Die Gebühren nach Teil 3 VV sowie nach Teil 1 VV gelten wie in einem Hauptsacheverfahren.
Rz. 181
Wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts vor dem Rechtsmittelgericht als Gericht der Hauptsache gestellt, so bleibt es bei den Gebühren nach Abschnitt 1 Teil 3 VV, also bei den erstinstanzlichen Gebühren, auch wenn das Rechtsmittelgericht als Gericht der Hauptsache zuständig ist und entscheidet (Vorbem. 3.2 Abs. 2 VV).
Rz. 182
Im Falle einer vorzeitigen Erledigung entsteht die Gebühr der Nr. 3100 VV lediglich in Höhe von 0,8 (Nr. 3101 VV) und die der Nr. 3300 Nr. 2 VV in Höhe von 1,0 (Nr. 3301 VV).
Rz. 183
Der Streitwert in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergibt sich aus § 53 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Nach dem Streitwertkatalog ist der Wert grundsätzlich mit der Hälfte des Hauptsachewertes anzusetzen, bei Geldleistungen in der Regel mit einem Viertel der Hauptsache (siehe Streitwertkatalog 1.5).
bb) Verfahrensgebühr
Rz. 184
Der Anwalt erhält im erstinstanzlichen einstweiligen Anordnungsverfahren grundsätzlich eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV). In erstinstanzlichen Verfahren vor dem OVG oder dem OVG bestimmt sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3300 Nr. 2 VV und beträgt 1,6.
Beispiel 78: Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung
Gegen einen Bescheid (Wert: 10.000,00 EUR) hat der Mandant selbst Widerspruch eingelegt. Er beauftragt den Anwalt, beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung zu stellen. Die Aussetzung der sofortigen Vollziehung wird ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ausgesprochen.
Der Anwalt erhält nur eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV. Eine Terminsgebühr fällt nicht an (siehe Rdn 73). Der Streitwert ist nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs mit einem Viertel der Hauptsache zu bemessen, also mit 2.500,00 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
288,60 EUR |
|
(Wert: 2.500,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
308,60 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
58,63 EUR |
Gesamt |
|
367,23 EUR |
Rz. 185
Ist der Anwalt im Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung sowohl außergerichtlich (§ 80 Abs. 4 VwGO) als auch anschließend gerichtlich im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO tätig, so erhält er sowohl die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV (siehe Rdn 45 ff.) als auch die Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV, allerdings mit der Maßgabe der Anrechnung (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
Beispiel 79: Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung mit vorangegangenem behördlichem Aussetzungsantrag
Gegen einen Bescheid (Wert: 10.000,00 EUR) hat der Mandant selbst Widerspruch eingelegt. Er beauftragt den Anwalt, zunächst bei der Behörde nach § 80 Abs. 4 VwGO die Aussetzung der sofortigen Vollziehung zu beantragen und nachdem dieser Antrag abgelehnt worden ist, beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 5 VwGO zu stellen. Die Aussetzung der sofortigen Vollziehung wird vom Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ausgesprochen.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 4 VwGO hat der Anwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV verdient (siehe Rdn 45 ff.). Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hat er eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) verdient. Die Geschäftsgebühr im Verfahren nach § 80 Abs. 4 VwGO ist jetzt nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV hälftig, höchstens zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens anzurechnen.
I. |
Behördliches Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung |
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
333,00 EUR |
|
(Wert: 2.500,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
353,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
67,07 EUR |
Gesamt |
|
420,07 EUR |
II. |
Gerichtliches Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
288,60 EUR |
|
(Wert: 2.500,00 EUR) |
|
|
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, |
|
– 166,50 EUR |
|
0,75 aus 2.500,00 EUR |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
142,10 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
27,00 EUR |
Gesamt |
|
169,10 EUR |
cc) Terminsgebühr
Rz. 186
Im Falle eines Termins i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV).
Beispiel 80: Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung mit gerichtlichem Termin
Gegen einen Bescheid (Wert: 10.000,00 EUR) hat der Mandant selbst Widerspruch eingelegt. Er beauftragt den Anwalt, beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung zu stellen. Das Verwaltungsgericht beraumt Termin zur mündlichen Verhandlung an, in dem der Antrag zurückgewiesen wird.
Neben der 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV entsteht jetzt auch eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104...