1. Sozietätserstreckung
Rz. 55
§ 45 Abs. 3 BRAO erstreckt das Tätigkeitsverbot des konkret mit dem Mandat befassten Rechtsanwalts auf sämtliche Mitglieder einer Sozietät sowie auf in sonstiger Weise zur gemeinsamen Berufsausübung verbundene Rechtsanwälte (z.B. auch Bürogemeinschaften). Erforderlich ist jedoch, dass die übrigen Rechtsanwälte (Sozien, Bürogemeinschafter usw.) Kenntnis der "tatsächlichen Umstände (haben), die das Tätigkeitsverbot begründen oder sich trotz evidenter Anhaltspunkte der Kenntnisnahme solcher Umstände (verschließen)". Der Verstoß gegen § 45 Abs. 3 BRAO kann fahrlässig begangen werden.
2. Nichtigkeit des Anwaltsvertrages
Rz. 56
Ein Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot aus § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO führt zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrages nach § 134 BGB. Ebenso wie einem Verstoß gegen das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen (vgl. dazu oben Rdn 28) bleiben Prozessvollmacht sowie Prozesshandlungen des Rechtsanwalts jedoch wirksam. Nach § 156 Abs. 2 BRAO sollen Gerichte und Behörden einen Rechtsanwalt, der entgegen einem Berufs- oder Vertretungsverbot auftritt, zurückweisen. Es ist umstritten, ob dieses Recht zur Zurückweisung sich – analog – auch auf ein Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO erstreckt. Da die Überwachung der Einhaltung ausschließlich der Berufsaufsicht der Rechtsanwaltskammern und der Anwaltsgerichtsbarkeit unterliegt, wird man eine entsprechende Anwendung ablehnen müssen.
3. Vergütungsverlust
Rz. 57
Der Rechtsanwalt kann keine Vergütung aus GoA (§§ 683, 670 BGB) aus dem nach § 134 BGB nichtigen Anwaltsvertrag (vgl. hierzu oben Rdn 56) fordern. Einem grundsätzlich möglichen Wertersatz nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB kann § 817 S. 2 BGB entgegenstehen. Danach kann der Rechtsanwalt keinen Wertersatz verlangen, wenn er vorsätzlich verbotswidrig gehandelt oder sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat.
4. Wettbewerbsrecht
Rz. 58
Wettbewerbsrechtlich ist ein Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO ohne Bedeutung.
5. Wirksamkeit der Beurkundung
Rz. 59
Ein Verstoß gegen das Beurkundungsverbot aus § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurKG führt nicht zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit der Beurkundung. Eine gleichwohl erteilte Vollstreckungsklausel bleibt wirksam, soll aber nach §§ 797 Abs. 3, 732 ZPO anfechtbar sein. Beurkundet der Notar wissentlich falsch eine fehlende Vorbefassung, könnte dies als Falschbeurkundung im Amt gem. § 348 StGB strafbar sein.